CMA am Ende: "Milchwerbung schadet nur Coca-Cola"
Das Ende der zwangsfinanzierten Bauernwerbung CMA bietet die Chance für ein modernes Agrarmarketing, sagt Jochen Dettmer, Bundesgeschäftsführer von Neuland-Fleisch. Der Staat muss helfen.
taz: Herr Dettmer, hat Neuland bisher an die CMA gezahlt?
Jochen Dettmer: Ja, natürlich. Aber das stellen wir jetzt ein.
Was machen Sie mit dem gesparten Geld?
Das stecken wir erst mal in unseren eigenen Etat. Wir setzen darauf, direkt vor Ort in der Kantine oder an der Ladentheke mit unseren Kunden zu kommunizieren. Außerdem arbeiten wir an Kennzeichnungssystemen, auch auf europäischer Ebene. Der Verbraucher will wissen, was in dem Produkt drin ist, wie es erzeugt wurde und wo es herkommt.
Also kämpft jeder Bauer künftig allein um Kunden?
Nein, wir brauchen ein gemeinsames Agrarmarketing, aber wir müssen es völlig neu organisieren. Wenn wir einfach nur für das Produkt "Milch" werben, schaden wir vielleicht ein bisschen Coca-Cola. Aber sonst bringt das nicht viel.
Wie sollen die Bauern ihre Produkte denn künftig unter die Leute bringen?
Das Marketing muss spezielle Botschaften über ein Produkt herausstellen. Etwa im Vergleich zu Frankreich haben wir in Deutschland bisher immer die billige Massenproduktion propagiert, das hat auch die CMA gespiegelt. Doch das ändert sich gerade. Organisationen wie Slow-Food oder die Biobranche bedienen diese neue Nachfrage der Verbraucher. Die neue Kultur der Differenzierung muss sich auch im Agrarmarketing niederschlagen.
Dass die Halter vom delikaten Bunten Bentheimer Schwein ihre Kunden gezielt ansprechen können, leuchtet ein. Was aber macht der Durchschnittsbauer?
Der muss seine Interessen halt bei seinem Schlachthof artikulieren und etwa in einen Industrieschweine-Topf investieren. Wenn dort dann noch treffsicher die Exportwirtschaft angesprochen wird, hat auch er geringere Streuverluste.
Die Zwangsabgabe für die CMA ist vom Tisch. Wer soll die Werbekampagnen künftig bezahlen?
Sinnvoll wäre eine Mischform aus öffentlicher und privater Finanzierung der Landwirte. Es wird eine große Aufgabe für den Gesetzgeber sein, das Agrarmarketing zu modernisieren. Wir brauchen den Staat, alleine kann der Markt das nicht organisieren.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Entlassene grüne Ministerin Nonnemacher
„Die Eskalation zeichnete sich ab“
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung