CDU–Wahlkampfcomputer geknackt

■ Wie der grüne Bundestagsabgeordnete Dr. Joachim „Jo“ Müller in den CDU–Computer einbrach und was er fand

Von Klaus Wolschner

Bremen (taz) -Daß den Grünen mancherorts immer noch das Image computerfeindlicher Wollsocken–Softis nachhängt, ärgert kaum jemanden so wie den in Bremen wohnenden niedersächsischen Bundestagsabgeordneten Dr. Jo Müller. In der Nachrichtenflaute des Jahreswechsels kam er auf die Titelseiten auch der Boulevard–Presse und landete so den Coup, der endgültig damit aufräumt: „Grüner Hacker knackt CDU–Code“. „Ein Hacker bin ich nicht“, räumt Jo Müller bescheiden ein. Aber im CDU–Wahlkampfcomputer sei er dennoch „drin“ gewesen. Wie sowas geht, wollten wir von dem Mann wissen, der sich neben seinem aufreibenden Bundestags–Job über „Computer der 5. Generation und künstliche Intelligenz“ habilitiert. Jo Müller: Um in so ein Programm reinzukommen, gerade wenn man nicht professioneller Hacker ist, spielt der Zufall eine große Rolle. taz: Wir wollen es genauer wissen. Eine Bonner Telefonnummer? Ich habe eine Bonner Datei angewählt. Ich glaube, daß die CDU– intern sogar öffentlich ist. Kreisverbände werden die Datei anwählen, warum nicht, ich nehme an daß die soweit sind, nur daß uns das passiert ist war ein Zufall. Und dann? Da stand dann auf dem Bildschirm, hier Konrad–Adenauerhaus, Zentrale, Computersystem Wang.. und so weiter. Es gibt eine Code–Hierarchie, beispielsweise kann ein CDU–Kreisverband noch ein paar Daten abfragen. Dann gibt es für die Wahlkampfvorbereitung unterschiedliche Textdateien, unter Stichworten auf dem Screen wie Neue Heimat, Grüne, SPD, was auch immer. Wieweit ist der grüne Nicht– Hacker Jo Müller gekommen? Beispielsweise wenn ich gefragt habe: Grüne. Grüß Gott. Bist Du bei den Grünen. Ich beschreib Dir, wie sowas geht... Beschreib mal, was Du gemacht hast! Ich beschreib Dir, wies grundsätzlich geht. O.K.? Das andere interessiert mich mehr. Klar, das ist was ganz Normales, wenn Du erst mal drin bist. Und das versuche ich jetzt zu beschreiben. Dann hast Du Grüne, dann hast Du ein Angebot an Daten, 6.1., 7.1., 8.1., und wenn du das an wählst, steht da beispielsweise: am 6.1. Meldung: Heiner Geissler betont, daß die Grünen grundsätzlich für Abtreibung sind. Dann wird irgendwas zitiert und so weiter. Am 14. Januar kommt ein ähnlicher Text, die Person ausgetauscht; die Frage nach Kommunisten innerhalb der Grünen. Die alte Liste. Und Du hast Dir in Ruhe ansehen können, was die in den nächsten Wochen vorhaben?“ Ja. Ich hab mal ein bißchen rumgeguckt. Und wieso willst Du das nicht genauer erzählen? Mann könnte das doch immer einen Tag vorher verbreiten... Das ändern die dann natürlich. Ich habe ja auch gesagt, an welchen Daten was kommen könnte. Das ist eine Datei, auf denen die Kreisverbände sich informieren? Warum fragst Du immer, was nun wirlich ist und wie? Die CDU dementiert ja und meint, Du hättest eine schöne Geschichte erfunden in der Nachrichtenflaute. Kann das nicht auch sein? Nein, wir haben ihnen ja was hinterlassen. Man kann an die Reden an Kohl rankommen, da kann man zwei Sätze rausnehmen und zwei andere reintun. Das heißt, jeder Kreisverband könnte in den Reden von Kohl rummachen? Nein. Die kommen ja nicht in die Datei rein. Aber Du konntest das? Ja, natürlich. Und was für Sätze hast Du rausgenommen? Zwei Sätze, zwei beliebige. Ich will es ja nicht verrateb, die suchen ja offenbar noch.