piwik no script img

CDU versorgt gefeuerten Staatsrat

■ Ex-Staatsrat Joachim Baltes soll den Posten des Rechnungshof-Vizepräsidenten bekommen / SPD-Fraktionsvorstand entschied: Qualifizierte Frau ohne Parteibuch hat keine Chance

Der Bremer Rechnungshof hatte in seinem jüngsten Bericht moniert, daß die Kosten für „spazierengehende“ Staatsräte in den letzten Jahren stark gestiegen seien. Nun muß der Rechnungshof selbst zur Lösung des Problems beitragen: Neuer stellvertretender Präsident des Rechnungshofes wird einer der Spaziergänger, der ehemalige Bau-Staatsrat Professor Joachim Baltes. Baltes galt als einer der unversorgten CDU-Fälle in Bremen. Die CDU setzte ihn gegen die unabhängige Kandidatin Dorothee Kolbeck-Rothkopf durch. Die Besetzung des Vize-Postens dürfte einer der letzten hochdotierten Posten sein, den die CDU in dieser Legislaturperiode vergeben kann.

Im Finanzressort hat die Entscheidung für Verwunderung gesorgt. Dort hatte die andere Bewerberin, Kolbeck-Rothkopf, bis vor einem Jahr gearbeitet und war bis zur Senatsrätin aufgestiegen. Sie galt als höchst qualifiziert, durchsetzungsfähig und unparteilich. Das hatte sie für den Wechsel zum Rechnungshof prädestiniert.

Auch dort stach sie unter der großen Zahl der Bewerber hervor. Nach den Bewerbungsgesprächen lag sie vorn. Für die politischen Spitzen ist aber die Hartnäckigkeit des Rechnungshofes nicht unbedingt nur positiv. Als es um die Besetzung des Präsidenten-Postens ging, war zum Beispiel Bürgermeister Henning Scherf keineswegs ein Befürworter des Kandidaten Lothar Spielhoff. Der hatte sich gegenüber Staatsrat Reinhard Hoffmann als unnachgiebig und unbeeindruckbar erwiesen. Die SPD-Fraktion setzte Spielhoff dennoch durch, neben ihm wäre Kolbeck-Rothkopf die zweite unbeeinflußbare Persönlichkeit an der Spitze des Rechnungshofes gewesen.

Die Bremer CDU, vertreten durch Helmut Pflugradt, war deutlich gegen sie festgelegt. Sie setzte von Anfang an auf Baltes. Der hatte an der Katholischen Fachhochschule Köln den Sozialpädagogen die juristischen Grundkenntnisse beigebracht, bevor er 1991 als Abteilungsleiter im Wohnungsbauministerium nach Sachsen-Anhalt ging. Seitdem die CDU dort aus der Regierung geflogen war, wollte Baltes weg. Ihm halfen dabei die guten Kontakte zu Hartmut Perschau, der dort Minister gewesen war; so war Baltes 1995 in Bremen von Perschau für den Staatsrats-Posten ins Gespräch gebracht worden. Damals waren in den CDU-Ressors einige nicht-Parteimitglieder als Staatsräte übernommen worden, die CDU wollte in der Staatsräte-Konferenz aber auch Parteigänger sitzen haben.

In Bremen machte Baltes als Bau-Staatsrat von Anfang an in der Staatsräte-Konferenz eine schlechte Figur, im Ressort selbst war er nicht durchsetzungsstark. Nach einer Schamfrist von eineinhalb Jahres schickte der Bausenator seinen Staatsrat in den einstweiligen Ruhestand. Baltes lebt seitdem in Köln von den bremischen Versorgungsbezügen.

Letztlich hat nicht der Rechnungsprüfungsausschuß die Personalentscheidung im Sinne der CDU getroffen; bevor der Ausschuß, der die Bewerbungsgespräche geführt hatte, abstimmte, war die brisante Personalie im Fraktionsvorstand der SPD beraten worden; dort fielen die Würfel für den CDU-Mann.

Empört meint die Gleichstellungsbeauftragte Ulrike Hauffe: „Wieder einmal ist in Bremen eine Chance vertan worden, eine führende Position mit einer qualifizierten Frau zu besetzen.“ Das Gleichstellungsgesetz erlaubt in diesem Falle keine gerichtliche Überprüfung der Entscheidung. K.W.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen