CDU in Holzminden: Schünemann von rechts unterwandert
Gibt es rechtsextreme Tendenzen in der CDU im Wahlkreis des niedersächsichen Innenministers Uwe Schünemann? Linke und Grüne sehen das jedenfalls so.
HANNOVER taz | Dass die CDU im niedersächsischen Holzminden, wo Innenminister Uwe Schünemann Kreisvorsitzender der Partei ist, „als Auffangbecken für Neonazis fungiert“, vermutet Sabine Golczyk, Linken-Abgeordnete im Holzminder Kreistag.
Seit sie im November 2011 das erste Mandat angetreten ist, das die Linkspartei dort jemals erlangt hat, erhalte sie Briefe und E-Mails mit zunehmend aggressiven rechtsextremen Äußerungen, sagt sie. Unter den Absendern: Mitglieder der Schünemann’schen CDU, in der auch ehemalige NPD-Funktionäre eine neue politische Heimat fänden.
Heiko Ebbenga trat in Holzminden noch 2005 als Direktkandidat für die rechtsextreme Partei an, heute ist er nach eigenen Angaben Mitglied des CDU-Kreisverbandes. Ohne Funktion zwar, wie er erklärt. In ein paar Jahren aber werde er „Minister sein“, sagt er, „und dann können die Linken und Linksradikalen einpacken“.
Probleme mit Rechten in den eigenen Reihen hatte in Holzminden auch die Linkspartei: 2010 löste sie den Kreisverband wegen Unterwanderung auf Antrag des Landesvorstands auf.
"Erheblichen Schaden" hätten die öffentlichen Äußerungen und Auftritte des damaligen Kreisvorstand Peter Bialas der Partei zugefügt, hieß es im entsprechenden Antrag: Bialas habe nicht nur Neumitgliedern die Aufnahme verweigert, sondern zuletzt auch die Thesen Thilo Sarrazins unterstützt.
Gut mit Rechtsaußen kooperiert hat man dagegen in der Vergangenheit in örtlichen CDU-Reihen: Christean Wagner, einst Kultusminister in Hessen, heute dort Fraktionschef, ließ sich 1972 mit der Stimme eines NPD-Abgeordneten zum Holzmindener Stadtdirektor wählen.
In einem offenen Brief fordert Golczyk jetzt, dass Schünemann konsequent gegen rechtsextreme Tendenzen in seiner CDU vorgeht. Ebbenga sei in Niedersachsen jedem ein Begriff. Auch dem Innenminister, „der sich immer als oberster Verfassungsschützer geriert, sollte der Name nicht unbekannt sein“.
So sieht man das auch im Landtag in Hannover: Dort fordern Linken-Fraktionschefin Kreszentia Flauger und der für den Wahlkreis zuständige Abgeordnete Patrick Humke in einer Anfrage Aufklärung über die Heimat-CDU des Ministers. Grünen-Vizefraktionschef Christian Meyer nennt es einen „Skandal, wenn die CDU Ex-NPDler aufnimmt“. Schünemann, sagt er, „hat eindeutig ein Problem, um das er sich kümmern muss“.
Über die Umtriebe im Bilde
Dass Schünemann über die Umtriebe in seiner Heimat im Bilde ist, sind sich Grüne wie Linke sicher: In Holzminden besuchte der Minister schon die Schule, zeitweise war er Bürgermeister des 20.000 Seelen-Städtchens. Bis zur Kommunalwahl im vergangenen September saß er im Kreistag, Chef des CDU-Kreisverbandes, der laut Parteisatzungen über Neu-Mitglieder entscheidet, ist er seit 1997.
Fragwürdige Zuschriften von CDU-Leuten kennt auch Grünen-Politiker Meyer aus Holzminden, wo er neben seinem Landtagsmandat als Fraktionschef im Kreistag sitzt. Eckhard Rückl etwa, einst für die CDU im Rat des Städtchens Eschershausen, das zum Landkreis Holzminden gehört, schreibt an Linke wie an Grüne: Laut Meyer hat er ihm die Lektüre der rechten Wochenzeitung Junge Freiheit empfohlen, in die es Rückl selbst schon mit einem Leserbrief geschafft hat.
Unangenehmer sind die E-Mails des CDU-Mannes, von denen die Linken-Kreistagsabgeordnete Golczyk berichtet: „Es wird kommen, Ihnen und Ihresgleichen, den Undeutschen und (...) anderen Zerstörern deutscher Leitkultur, deutscher Geschichte, unserer Volkskraft und der Deutschen Jugend durch beliebige Glaubensrichtungen radikal und nachhaltig Einhalt zu gebieten“, heiße es darin, schreibt Golczyk an Schünemann. Sie fasse derlei Post „als Drohung auf, die ich eindeutig dem rechtsextremen Lager zuordne“. Rückl selbst bestätigt, E-Mails geschickt zu haben, allerdings „privat, nicht als CDU-Mitglied“. Inhalte wolle er deshalb nicht kommentieren.
Holzmindens CDU-Chef Schünemann konnte am Donnerstag keine näheren Auskünfte zu den Vorwürfen und einer Mitgliedschaft des Ex-NPD-Kaders Ebbenga geben, kündigte aber an, sie „unverzüglich“ zu prüfen. „Sollten sie sich bestätigen, erscheint mir ein Parteiausschlussverfahren unerlässlich.“ Die Äußerungen, von denen Golczyk berichtet, empfinde er als „unerträglich“ und distanziere sich „im Namen des Kreisvorstandes ausdrücklich“, so Schünemann am Donnerstag.
Tags zuvor hatte er bei der Vorstellung seines Verfassungsschutzberichts noch erklärt, Probleme mit rechtem Gedankengut bei der Piratenpartei offenbarten die Tücken des Systems der Piraten: Weil der „Filter fehlt“, könne dort jeder beitreten.
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