CDU fährt auf den Molkenmarkt ab

MITTE Nach vielen Jahren ist der Streit über die Zukunft des neuen Klosterviertels beigelegt

Da sag noch einer, SPD und CDU könnten nicht mehr miteinander regieren. In einem zentralen städtebaulichen Thema haben sich beide Parteien der Großen Koalition nun geeinigt. Am Molkenmarkt soll rund um die Ruine der Klosterkirche ein völlig neues Stadtviertel entstehen – das sogenannte Klosterviertel.

Damit geht ein Streit beider Parteien zu Ende, der seit den 1990er Jahren andauert. Die SPD hatte unter ihrem Stadtentwicklungssenator Peter Strieder bereits 1997 mit dem Planwerk Innenstadt erste Ideen für das Klosterviertel und die Neugestaltung des Molkenmarktes vorgestellt. So sollte die Grunerstraße, auf der die Autos bislang fast autobahnähnlich Richtung Mühlendamm rollen, parallel zum Roten Rathaus entlangführen und dann erst im Zickzack auf den Mühlendamm geschwenkt werden. Das schaffte Platz für zwei neue Baublöcke vor dem Stadthaus, in dem der Innensenator seinen Sitz hat.

Molkenmarkt und Klosterviertel waren also immer beides: ein städtebauliches Vorhaben, das zudem einen der alten Berliner Plätze wieder zum Leben erwecken sollte, und ein Projekt der Verkehrsberuhigung, das eine der schlimmsten Schneisen der autogerechten Stadtplanung entschärft hätte. Gerade Letzteres war auch der Grund gewesen, warum die CDU das Vorhaben jahrelang blockiert hatte.

CDU bekommt sechs Spuren

Warum die Partei nun auf den Molkenmarkt eingeschwenkt ist, erklärt der stadtentwicklungspolitische Sprecher Stefan Evers mit der Bereitschaft der SPD zu Kompromissen. „Wir haben eine Reihe von Punkten bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung eingebracht“, sagt Evers der taz. Das Ja seiner Fraktion hänge vor allem mit der Zusage zusammen, auf der neuen Grunerstraße weiterhin drei Fahrstreifen pro Richtung beizubehalten. „Das ist ein guter Kompromiss“, so Evers.

Weniger gut finden ihn die Grünen. „Das Problem ist, dass die Schneise bleibt“, sagt die Fraktionsvorsitzende Antje Kapek. „Damit fehlt es auch an Aufenthaltsqualität.“ Kapek kritisierte zudem, dass die Wohnungen, die im neuen Klosterviertel entstehen sollen, wegen des Autoverkehrs wenig attraktiv seien. Zuvor hatte schon der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) kritisiert, dass die sechsspurige Trasse die Verknüpfung der Stadtquartiere Nikolaiviertel und Klosterviertel verhindere.

Bau- und Verkehrssenator Andreas Geisel (SPD) ist dagegen froh, dass endlich ein Kompromiss gefunden wurde. Auf seiner Jahrespressekonferenz am Montag hatte er auch den Fahrplan für die Realisierung vorgestellt. Im ersten Halbjahr 2016 werde sich das Abgeordnetenhaus mit dem Bebauungsplan befassen, sodass er im Herbst 2016 festgesetzt werden kann. Wenn die U5 fertig sei, könnten dann ab 2020 der Straßenumbau und Hochbau beginnen. „Wir wollen die Stadt gestalten, aber nicht mit parallel laufenden Großbaustellen den innerstädtischen Verkehr lahmlegen“, sagte Geisel.

Für den Bausenator Geisel ist der Molkenmarkt ein wichtiger Bestandteil der wachsenden Stadt. „Ich wünsche mir dort in Zukunft ein urbanes Stadtquartier mit Wohnungen, Arbeitsplätzen, gastronomischen, touristischen und kulturellen Einrichtungen“, so der Senator. Man kann es aber auch anders sehen. Ein Stadtentwicklungsprojekt ist der Molkenmarkt geblieben, ein Projekt der Verkehrsreduzierung nicht. Uwe Rada