CDU bangt um Macht in NRW: Gebete gegen das Umfragetief
Sieben Wochen vor der Wahl in Nordrhein-Westfalen zittert die CDU um die Macht. Auf ihrem Parteitag warnt Ministerpräsident Rüttgers vor "Kommunisten und Chaoten".
Die Angst vor dem drohenden Machtverlust dominiert den Parteitag. "Der Herr richtet die Gebeugten auf", heißt es in der Morgenandacht, mit der sich die knapp 600 Delegierten der nordrhein-westfälischen CDU am Samstag in Münster auf die heiße Phase des Landtagswahlkampfs einstimmen. Angesichts schlechter Umfragen, die ein Patt zwischen der schwarz-gelben Regierungskoalition von NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers und Rot-Grün voraussagen, die Linkspartei aber sicher im Landtag sehen, ist von Siegesgewissheit nichts mehr zu spüren. Die Tage, an denen Rüttgers zu "We Are the Champions" auf Parteitreffen einzog, sind vorbei.
Auf Angst setzt jetzt auch Rüttgers. Immer wieder warnt der CDU-Landesvorsitzende vor einem rot-roten Bündnis von SPD und Linkspartei. Seine sozialdemokratische Herausforderin Hannelore Kraft repräsentiere nicht mehr die SPD seines Vorgängers Johannes Rau, sondern "die Fußkranken des alten, abgewählten Regimes". Kraft wolle mit "Kommunisten", mit "Radikalen und Chaoten" gemeinsame Sache machen.
Gemeinsam mit Kanzlerin Merkel will der Regierungschef die Landtagswahlen vom 9. Mai zur Richtungsentscheidung für ganz Deutschland stilisieren. "Hand in Hand" mit der Bundes-CDU werde sein Landesverband in den Wahlkampf ziehen, verspricht Rüttgers. Doch gleichzeitig distanziert er sich von Merkels dauerstreitender Regierungskoalition, erteilt Steuersenkungen à la FDP eine Absage. Stattdessen schraubt der selbst ernannte Arbeiterführer an seinem sozialen Image, geißelt die Bonusexzesse der Banken.
Formal bekennt sich der Ministerpräsident zur Fortsetzung seiner Koalition mit der FDP. Indirekt aber kritisiert er sie als zu marktradikal: "Die CDU macht Politik für alle, nicht nur für 10 Prozent." Noch deutlicher wird Rüttgers zuvor mit an sozialistische Ergebnisse erinnernde 99,5 Prozent gewählter neuer Generalsekretär Andreas Krautscheid: "Für uns gilt nicht die Philosophie: Wenn jeder an sich selber denkt, dann ist an alle gedacht."
Den Grünen wirft Rüttgers zwar vor, "machtgeil" zu sein. Zum drohenden Linksblock aber zählt er sie nicht. Schließlich hat der Landesvorstand gerade eine Wahlkampfstrategie vorgelegt, mit der Rüttgers als überparteilicher Krisenmanager beworben werden soll. Letztlich sei es doch egal, mit wem der Landeschef regiere, ist die Aussage der Kampagne, Arbeitstitel: "Auf den Ministerpräsidenten kommt es an".
Die als Stargast präsentierte Angela Merkel sorgt sich dagegen um ihre Bundesratsmehrheit, die mit einer schwarz-gelben Niederlage in NRW dahin wäre - und spart sich jede Attacke auf die Liberalen. Beim Kampf gegen Rot-Rot in NRW, der "Herzkammer der wirtschaftlichen Entwicklung", gehe es um den Auf- oder Abstieg ganz Deutschlands, warnt sie stattdessen und hämmert ihren Christdemokraten ein: "50 Tage harte Arbeit" seien es noch bis zu den NRW-Wahlen. "Wir schaffen das."
Rüttgers scheint sich nicht mehr so sicher. In seinem Schlusswort geht er zum ersten Mal auf die Sponsoringaffäre um seine verkauften Gespräche ein, die ihn entscheidende Punkte kosten könnte. Er räumt "den einen oder anderen Fehler" ein - und bittet seine Parteifreunde fast flehentlich: "Kämpfen Sie für unsere Heimat. Ich bitte Sie, helfen Sie mit."
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