CDU-Wahlstrategie: Das Programm heißt Merkel
Stück für Stück verabschiedet sich die CDU von den letzten inhaltlichen Aussagen. Generalsekretär Pofalla will die Energien auf die letzte Phase konzentrieren
BERLIN taz| Wenn CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla, wie an diesem Montag, vor den Parteigremien die Wahlkampfpläne erläutert, gibt es für die Funktionsträger nicht viel zu erfahren. Nicht weil Pofalla vor seinen Parteifreunden etwas zu verbergen hätte, sondern weil die Strategie schlicht darin besteht, vorerst so gut wie gar nichts zu tun.
Im Gegensatz zur SPD, die derzeit die politische Konkurrenz mit Negativwerbung überzieht, will sich die CDU auf die letzte Phase des Wahlkampfs konzentrieren. "In unserer schnelllebigen Gesellschaft können Sie nicht fünf Monate vor der Wahl starten", sagte Pofalla nach der Sitzung von Präsidium und Vorstand vor Journalisten. "Eine moderne Wahlkampfführung muss sich darauf einstellen, dass die Entscheidungen in der Schlussphase stattfinden." Auch der unkalkulierbare Verlauf der Wirtschaftskrise dient Christdemokraten immer wieder als Argument dafür, dass man sich nicht zu früh auf konkrete Wahlaussagen festlegen solle.
Entsprechend heruntergefahren werden vorsorglich schon die Erwartungen an das Programm für die Bundestagswahl, das CDU und CSU auf einer gemeinsamen Vorstandssitzung am 29. Juni beschließen wollen. Einen Parteitag, wie bei der politischen Konkurrenz üblich, wird es dafür nicht geben.
Seit der Glaube an ein rasches Ende der Wirtschaftskrise schwindet, hat mit dem Ruf nach Steuersenkungen auch der einzige programmatische Wahlkampfhit seine Strahlkraft eingebüßt. Entlastungen vor allem für mittlere Einkommensgruppen werden in dem Manifest zwar noch auftauchen, aber unter dem Vorbehalt einer günstigen Haushaltslage - bei realistischer Betrachtung also kaum in der nächsten Wahlperiode. Für die Abgrenzung zur SPD muss jetzt die Parole genügen, die Parteichefin Angela Merkel am Freitag in einer Rede vor CDU-Kreisvorsitzenden ausgab: "Mit uns gibt es keine Steuererhöhungen."
Zur Vorbereitung des Programms trifft sich Pofalla derzeit mit Vertretern der einzelnen Parteigliederungen, von der Mittelstandsvereinigung bis zur Senioren-Union. Dabei geht es ums Einbinden der verschiedenen Flügel, weniger um kreative Anregungen für den Wahlkampf. Die Zusammenkunft mit dem stets renitenten Mittelständler-Chef Josef Schlarmann, der Merkel die Aufgabe des CDU-Profils vorwirft, führte jedenfalls nicht zu einem Konsens. Von einer "unterschiedlichen Bewertung" der Regierungsarbeit sprach Schlarmann nach dem Treffen.
So bleibt als einziger Programmpunkt die Kanzlerin selbst, die im Herbst als erfolgreiche Krisenmanagerin präsentiert werden soll - ein Plan, den die SPD nach dem Kalkül der CDU-Strategen nicht wirksam konterkarieren kann, will sie nicht als Saboteurin von Rettungsprogrammen auftreten.
Entsprechend freimütig war Merkel am Freitag vor den Kreisvorsitzenden als eine Politikerin aufgetreten, die keine allzu großen Zugeständnisse an parteiinterne Interessengruppen machen muss. Auch in der heiklen Frage der Gentechnik legte sich die Kanzlerin auf eine forschungsfreundliche Position fest - und legte der CSU-Agrarministerin die nun vollzogene Genehmigung der Genkartoffel Amflora nahe.
Schiffbruch erlitt Merkel nur mit dem einzigen Thema, mit dem sie sich aufs Terrain der Traditionsbataillone begab. Sie werde für das Berliner Volksbegehren "Pro Reli" stimmen, kündigte sie an - zwei Tage bevor der Gesetzentwurf krachend durchfiel.
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