CDU-Sponsoring: Die Methode Rüttgers
Auch der sächsische Ministerpräsident Stanislaw Tillich ließ sich mieten. Verfassungsrechtler hält die Spendenpraxis für bedenklich.
DRESDEN taz | Nach der CDU in Nordrhein-Westfalen gerät nun auch die Sächsische Union in den Verdacht, ihren Ministerpräsidenten zum Wohle der Parteikasse zu vermarkten. Medien wie der Spiegel und die Leipziger Volkszeitung berichten, Sponsoren werde auf Parteiveranstaltungen ein Präsentationsstand angeboten, an dem Ministerpräsident Stanislaw Tillich entweder kurz vorbeischaut oder sogar ein "separates Fachgespräch" führt. Dies sei bei Sponsorenverträgen der Stufen drei und vier der Fall, für die zwischen 3.900 und 8.000 Euro in die Parteikasse fließen.
Konkret geht es um die für heute in Dresden geplante "denkfabrik sachsen", zu der etwa 1.000 Gäste erwartet werden. Am Rande treten zahlreiche Unternehmen als sogenannte Partner auf. Ab 3.900 Euro wird ihnen auch die Erwähnung ihres Firmennamens in der Begrüßungsrede von Generalsekretär Michael Kretschmer in Aussicht gestellt. Sogar ein Abendessen gehört zu den Optionen. Mit den Stufen eins und zwei buchen Firmen lediglich Werbebanner auf der Homepage der Sächsischen Union.
Kretschmer bestätigte das Verfahren, das von einem Wirtschaftsprüfer als zulässig eingestuft worden sei. Die CDU sei für solche Veranstaltungen auf Sponsoren angewiesen. "Wir verkaufen Standplätze, nicht den Ministerpräsidenten", erklärte er. Zugleich räumte er ein, dass es unglücklich gewesen sei, Tillichs Standbesuche in die Verträge hineinzuschreiben. "Das wird es in Zukunft nicht mehr geben", fügte Kretschmer hinzu. Ministerpräsident Tillich war angeblich von dieser Praxis nicht informiert. Nach der Rückkehr von einer Reise will er sich am heutigen Montag zu der umstrittenen Vermarktung äußern.
In Sachsen kam Kritik zuerst von den Jusos und der SPD. "Das hat nichts mehr mit einer Repräsentation des Volkes zu tun, sondern nur noch von zahlungskräftigen Klientelinteressen", sagte Juso-Landeschef Tino Buksch. "Da wird eine Grenze überschritten", stellte SPD-Landesvorsitzender Martin Dulig fest. In Berlin bat die SPD Bundestagspräsident Norbert Lammert um genaue Prüfung wegen des Verdachts der verdeckten Parteienfinanzierung. Wegen ähnlicher Vorwürfe war Mitte Februar Hendrik Wüst vom Amt des Generalsekretärs der CDU in NRW zurückgetreten. Grünen-Bundesgeschäftsführerin Steffi Lemke meinte, das Beispiel Rüttgers sei offenbar kein Einzelfall, sondern habe Methode. Der Verfassungsrechtler Hans Herbert von Arnim hält die Praxis für bedenklich. "Das grenzt an Korruption und verstößt vermutlich gegen das Verbot von Zweckspenden."
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Bundestagswahl 2025
Parteien sichern sich fairen Wahlkampf zu
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen