CDU-SPD-Koalitionsvertrag in Hessen: Schwarz-roter Populismus
SPD und CDU haben sich in Hessen auf einen Koalitionsvertrag geeinigt. Gendern soll abgeschafft werden und es soll mehr Abschiebungen geben.
D ie Arbeitsgrundlage für die künftige Landesregierung von CDU und SPD in Hessen ist alles andere als ein großer Wurf. Nicht in einer öffentlichen Präsentation, sondern via Internet wurde das fast 200 Seiten starke Papier über Nacht platziert. Erst am Tag darauf waren Rückfragen möglich.
Als weiteres Symbol für den unglücklichen Auftakt der selbsternannten „demokratisch-christlich-sozialen Koalition“ können die populistischen Sätze gegen gendergerechte Sprache gelesen werden: Im Koalitionsvertrag steht, dass in der öffentlichen Verwaltung, in staatlichen und öffentlich-rechtlichen Institutionen wie Schulen und Universitäten auf das „Gendern der Sprache mit Sonderzeichen“ verzichtet werden soll.
Wie will die neue Landesregierung das durchsetzen, ohne Grundsätze der Verfassung zu verletzen? Was ist mit der Meinungsfreiheit und der Freiheit von Presse und Wissenschaft? Bestenfalls sind diese Sätze als folgenloses Zugeständnis an die Galerie zu lesen, auf der sich die üblichen Verdächtigen über das Bemühen zu einer geschlechtergerechten Sprache ereifern – Bild-Zeitung, AfD und Rechtskonservative aller Couleur.
So unbestimmt wie diese Formulierungen bleiben in dem Papier auch die begrüßenswerten Ankündigungen neuer Investitionen in Bildung und Infrastruktur. Die Offensive bei der Förderung frühkindlicher Bildung bleibt ebenso vage und ist nicht mit Zahlen unterfüttert.
Dass der Vertrag, den Bundesinnenministerin Nancy Faeser als SPD-Landesvorsitzende maßgeblich mit ausgehandelt hat, in der Migrationspolitik auf Härte setzt, kommt nicht überraschend. Mit einer „echten Rückführungsoffensive“ soll die „irreguläre“ Einwanderung gestoppt werden. Es soll „Rückführungszentren für ausreisepflichtige Ausländer“ geben, Geflüchtete sollen in Hessen „keine monetären Auszahlungen mehr erhalten – auch um direkte Überweisungen ins Ausland zu verhindern“.
Am Rande der Bedeutungslosigkeit
Es bleibt abzuwarten, wie der SPD-Landesparteitag das Papier am Wochenende diskutiert. Am Ende wird wohl eine Mehrheit der Delegierten zähneknirschend zustimmen, denn nach 25 Jahren in der Opposition und dem desaströsen Ergebnis bei der Wahl im Oktober käme eine Ablehnung dem politischen Selbstmord gleich.
Die schwache Verhandlungsposition der hessischen SPD zeigt sich nicht zuletzt am Zuschnitt des Kabinetts. Acht RessortchefInnen stellt die CDU, nur drei die SPD. Als Regierungspartei werden die Sozialdemokraten mit ihrer praktischen Arbeit erst noch beweisen müssen, dass sich der Einstieg in die Koalition gelohnt hat. Zweifel sind erlaubt.
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