CDU-Parteitag in Leipzig: Kein Gefühl für sich selbst
Die CDU bemüht sich auf ihrem Parteitag um Geschlossenheit. Inhalte stehen hinten an – die Personalquerelen bleiben.
D er Parteitag der CDU hat gezeigt, was diese Partei bräuchte – aber aktuell nur unzureichend im Angebot hat: ein gutes Gefühl für sich selbst. Die Leute um Friedrich Merz herum haben es im Vorfeld tatsächlich hinbekommen, dass Personaldebatten einen bedeutenderen Stellenwert erhielten als Programmfragen. Und selbst wenn es endlich um Inhalte ging, wurde darüber entlang der innerparteilichen Frontlinien diskutiert und abgestimmt.
Urwahl abgelehnt: ein Punkt gegen die Jungen-Union; Huawei weg vom 5G-Markt: ein Stüber für die Kanzlerin; Frauenquote vertagt: Denkzettel für die AKK-Unterstützerinnen. Kann man so machen. Es bringt aber nicht weiter. Annegret Kramp-Karrenbauer hat diese Situation ganz richtig analysiert in ihrer Rede zu den Delegierten: Die Leute draußen, die Mitglieder und die WählerInnen, interessierten sich herzlich wenig dafür, „wer wann was bei uns werden will“. Die wollen, dass die CDU gut regiert.
Solange die letzte große Volkspartei nicht wieder zur Geschlossenheit zurückfindet, blutet sie aus den vielen kleinen Wunden, die sich die Mitglieder untereinander zuzufügen bereit sind. Dass sie die Machtfrage stellte, war eine zu Herzen gehende Geste, mit der sie sich zugleich aber auch Optionen verbaut hat. Ich kann auch gehen – damit droht man kein zweites Mal.
Den Nutzen aus der Unruhe der Union ziehen unter anderem die Grünen, zu denen laut einer aktuellen Forsa-Umfrage 37 von 100 einstigen CDU-WählerInnen abwandern. Die Denke dahinter: Es muss mir nicht alles gefallen, was eine Partei auf dem Programmzettel hat, aber ich kann doch zumindest davon ausgehen, dass sie arbeitet, statt sich um Posten zu balgen. Interessant war, zu beobachten, wie Markus Söder den Parteitag aufzumischen im Stande war.
Auf dem Parteitag stimmte die CDU gegen einen Antrag der Jungen Union. Diese wollte eine Urwahl über die Kanzler*innenkandidatur durchsetzen – ein Affront gegen Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer. In Zukunft geht es also ganz traditionell weiter: Die Vorsitzende der Partei behält den Erstzugriff auf die Kanzerl*innenkandidatur.
Er markierte die Grünen als stärksten Mitbewerber um die Macht und verwies die AfD in ihre rechtsextreme, mithin unbürgerliche Ecke. Natürlich hatte der CSU-Mann nichts zu verlieren bei der großen Schwesterpartei, und politisch ist er ein Opportunist. Aber er zeigt in Bayern zum einen, wie das funktionieren kann mit dem politischen Zupacken. Und zum anderen hat er in Leipzig geschafft, worum Leute wie Merz und Kramp-Karrenbauer ringen: die Herzen ihrer Zuhörerschaft zu gewinnen.
„Lädt man jemanden zu sich nach Hause ein, von dem man weiß, dass er den ganzen Abend jammert?“, fragte er in seiner Rede. Vielleicht könnte die CDU es nach diesem Parteitag so handhaben: Gejammert wird nicht mehr. Und wer besucht werden will, sollte auch ein guter Gastgeber sein.
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