CDU-Parteitag in Köln: Ein wohlbekanntes Schweigen
Trotz Antiislamdemonstrationen sagt die Bundeskanzlerin kaum etwas über das Verhältnis ihrer Partei zu Muslimen und Verfolgten.
KÖLN taz | Am Tag nach der Pegida-Demonstration sitzt Andreas Lämmel in der Kölner Messe. Der Dresdner Bundestagsabgeordnete weiß natürlich, was sich am Abend zuvor in seinem Wahlkreis ereignet hat. Zehntausend DemonstrantInnen, die sich selbst „Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“ nennen, hatten sich in Sachsens Landeshauptstadt versammelt.
Eine Demonstration, die sich für eine deutliche Verschärfung des Asylrechts einsetzt und gegen die aus Sicht der Teilnehmer um sich greifende Ausbreitung des Islamismus in Deutschland wendet. Lämmel, der Dresdner, sagt: „Das ist natürlich nicht schön.“
Vor zwei Wochen ist Lämmel mal hingegangen zur Demo, er wollte sich anschauen, was sich da seit Monaten in seiner Stadt abspielt. „Trittbrettfahrer“, hat er da gesehen, „Leute, die ihr Unbehagen deutlich machen“. Rassisten?
Andreas Lämmel hat das Gefühl, „nicht zu wissen, wer die sind und was die eigentlich wollen. Wir müssen uns fragen, wie wir dem begegnen. Darauf hat noch niemand eine Antwort.“ Die demokratischen Parteien müssten deutlich machen, dass diese Bewegung nicht die Mehrheit repräsentiert.
Hier in Köln wird gleich seine Parteivorsitzende sprechen. Sie könnte genau das klarstellen. Doch Angela Merkel wird es in ihrer mehr als eine Stunde dauernden Rede fertigbringen, sich nicht zu den Ereignissen der letzten Wochen zu äußern. Nicht dazu, wie es nach diesem Jahr blutiger globaler Konflikte um das Verhältnis ihrer CDU zu den Muslimen und Flüchtlingen bestellt ist. Allenfalls streifen wird sie das Thema.
Christdemokraten, sagt sie, seien angesichts der aktuellen Lage „verpflichtet zu helfen“. Da dankt sie ihrem Fraktionsvorsitzenden Volker Kauder, der sich in den zurückliegenden Monaten für die Aufnahme von Christen engagiert hat: „Da, wo Christen verfolgt sind, kann die CDU nicht schweigen.“
Sie lobt die Unterstützung des Bundes für die Kommunen, die allein in diesem Jahr mehr als 200.000 Flüchtlinge aufgenommen haben. Man habe Hunderte neue Stellen im Bundesamt für Flüchtlinge geschaffen. Und man habe mithilfe der Grünen im Bundesrat drei Balkanstaaten als sichere Herkunftsländer definiert.
Schließlich erklärte Angela Merkel, das, was viele Menschen gerade auf der Welt erleben, sei „das, was viele Menschen am eigenen Leib erlebt haben“. Wer meinte, nun folgten ein, zwei Sätze zu Willkommenskultur und Respekt für Flüchtlinge, irrte.
Hassprediger, Islamisten, Hooligans
Stattdessen dankte Angela Merkel ihrer Parteifreundin Erika Steinbach für ihre Arbeit als Vorsitzende des Bundes der Vertriebenen. Nur diesen Satz gab sie ihren Delegierten mit: Deutschland werde sich wehren gegen „Hassprediger, Islamisten, Hooligans, die unsere Straßen unsicher machen wollen“.
Damit hat die CDU-Parteivorsitzende eine Gelegenheit verpasst, ein Zeichen gegen Intoleranz zu setzen. Diese Aufgabe übernehmen nun andere. Der Bundespräsident hat angekündigt, an diesem Freitag eine Flüchtlingsinitiative in Sachsen-Anhalt zu besuchen. Beim Verein refugium e. V. wird Joachim Gauck neu angekommene jugendliche Flüchtlinge sowie Mitarbeiter der Erstaufnahmeeinrichtung zu einem Gespräch treffen.
Für Andreas Lämmel, den Politiker aus Dresden, hat seine Parteivorsitzende trotzdem eine gute Rede gehalten. „Unsere Haltung ist klar“, sagt er, „wir distanzieren uns von diesen Tendenzen und wir müssen das Gespräch suchen.“ Kommenden Montag dürfte es wieder Gelegenheit dazu geben.
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