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CDU-Käpt‘n Stölzl auch auf Ministerkurs

Samstag wird aus dem designierten Landeschef der Union ein echter Vorsitzender. Das soll aber nicht sein einziger neuer Posten sein. Parteiintern macht Stölzl kein Geheimnis daraus, dass er auch Kulturstaatsminister werden will

Noch bevor die Berliner CDU Christoph Stölzl am Samstag zu ihrem neuen Chef wählt, ist aus der Union von weiteren Ambitionen des früheren Kultursenators und Museumsdirektors zu hören. Demzufolge macht Stölzl parteiintern kein Geheimnis daraus, dass er bei einem CDU-Sieg bei der Bundestagswahl Kulturstaatsminister im Kabinett Stoiber werden will. Stölzl selbst mochte das nicht ausdrücklich dementieren und bezog ausweichend Stellung. „Ich habe gelernt, dass man immer die Fragen des jeweiligen Tages beantworten muss, nicht die des nächsten Tages“, sagte er der taz.

Stölzl wehrte sich zwar gegen den Eindruck, er würde die Führung der Berliner Union als Sprungbrett nutzen wollen. Er übernehme mit dem Landesvorsitz die anspruchsvolle Aufgabe, die Berliner Union im politischen Spektrum mehrheitsfähig zu machen, sagte er. Schon deswegen sei das Amt keine Zwischenphase. Der frühere Senator bestätigte jedoch anhaltendes Interesse an der Kulturpolitik der Hauptstadt im Verhältnis zu Bund und Ländern. Dieses Thema beschäftige ihn seit den 80ern in verschiedenen Gremien – „ob mit Amt oder ohne“ – und soll ein Schwerpunkt bleiben.

Derzeit ist Stölzl nach drei Jobwechseln binnen zwei Jahren Vizepräsident des Abgeordnetenhauses. „Ich denke nicht über etwas nach, über das ich nicht nachdenken muss“, sagte er über das Ministeramt und verwies auf das Tempo bei Personalentscheidungen. Als Beispiel nannte er seine Wahl zum Berliner Kultursenator. Nur drei Stunden vor dem offiziellen Angebot im März 2000 will er die Nachricht bekommen, dann vier Stunden mit dem damaligen Regierenden Bürgermeister Eberhard Diepgen gesprochen und sich schließlich kurzfristig mit seiner Familie beraten haben. Von langer Hand ist bei ihm nach eigener Darstellung nichts geplant: „Ich bin nicht strategisch.“

Seine Kandidatur für den CDU-Landesvorsitz hatte Stölzl Ende Februar überraschend vor laufender Kamera verkündet, eine Woche nach dem Rücktritt von Eberhard Diepgen. Es war nicht die erste Überraschung in der Karriere des heute 58-Jährigen. Im Dezember 1999 verblüffte Stölzl, als er nach zwölf Jahren an der Spitze des Deutschen Historischen Museums zur Welt wechselte und Feuilletonchef wurde. Als Präsidentschaftsanwärter für die Stiftung Preußischer Kulturbesitz war er zuvor durchgefallen.

Der Union trat Stölzl erst Anfang 2001 bei, nachdem er ihr schon lange über seinen Spezi Helmut Kohl nahe stand – für ihn „ein Megastar, ein Mann von mittelalterlich königlicher Erscheinung“, wie er im März bei der Neuköllner CDU erzählte.

Den Job des Kulturstaatsministers hatte Kanzler Gerhard Schröder nach seinem Wahlsieg eingerichtet. Stölzl hatte es als Wahlkampf abgetan, als Schröder, damals noch SPD-Kandidat, im Juli 1998 den Verleger Michael Naumann zu seinem Kulturbeauftragten machte. Naumann räumte den Posten Ende 2000 und wurde Chafredakteur der Zeit, seinen Job übernahm der Münchner Kulturreferent Julian Nida-Rümelin. STEFAN ALBERTI

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