CDU-Generalsekretär zur A100: Konteroffensive gegen Klimaschutz

Der CDUler Stefan Evers verteidigt den Ausbau der A100 und redet von einer „Klima-Autobahn“. Das ist ein gezielter Angriff auf den Klimaschutz.

«1,5 Grad Celsius statt A100» steht auf dem Transparent vor dem Start der Fahrraddemonstration gegen den Weiterbau der Berliner Stadtautobahn.

Die CDU würde sagen: A100 für die 1,5 °C! Foto: dpa | Paul Zinken

BERLIN taz | Es ist zum Haareraufen: Da hat die Menschheit laut Weltklimarat nur noch wenige Jahre, um die Klimaerwärmung noch irgendwie auf 1,5 °C zu begrenzen – doch in Berlin plant der Bund, die Stadtautobahn A100 auszubauen. Wie wahnsinnig die An­hän­ge­r:in­nen des Projekts sind, hat am Montag der Berliner Generalsekretär der Autopartei CDU, Stefan Evers, unter Beweis gestellt. In einem Gastbeitrag im Tagesspiegel sinnierte dieser von einer „Klima-Autobahn“ und warf den Geg­ne­r:in­nen der A100 dann allen Ernstes vor, ideologisch verblendet zu sein.

Evers’ Vorschlag für den geplanten 17. Abschnitt der A100 lautet, die Autobahn mit Solarpaneelen zu überdachen und mit Ladespuren für E-Autos auszustatten. So könne die A100 „einen echten Beitrag zur Lösung der Klimakrise leisten“, schreibt Evers – als könnten ein paar Solarpaneele, die auf bereits bestehenden Autobahnabschnitten ja tatsächlich keine schlechte Idee wären, die CO2-Bilanz des Monsterprojekts wieder in den grünen Bereich ziehen.

Zur Erinnerung: Der geplante 17. Abschnitt der A100 sieht vor, die sechsspurige Autotrasse am Treptower Park über die Spree zu führen, dann unter dem Ostkreuz hindurchzubohren und schließlich, wieder obererdig, bis zur Storkower Straße durchzuschlagen.

Angriff auf die Hegemonie der Klimabewegung

Ein solches Projekt mit dem Verweis auf Klimaschutz zu rechtfertigen, ist so absurd, dass sich damit auseinanderzusetzen sinnlos erscheint. Evers’ Vorstoß zu ignorieren würde jedoch die Gerissenheit der CDU unterschätzen, die eigentlich auf etwas ganz anderes aus ist als auf argumentativen Austausch. Es lohnt kaum zu argumentieren, dass neue Autobahnen natürlich zu mehr und nicht weniger Autoverkehr führen.

Erneut zu schreiben, dass die A100 Szeneclubs und die Lebensqualität Tausender An­woh­ne­r:in­nen bedroht, pro Meter 200.000 Euro kosten soll oder dass auf der Fläche 8.800 Wohnungen für 22.000 Menschen gebaut werden könnten, würde Evers’ Gerede nur zu einem validen Standpunkt verklären.

Spannend an Evers’ Beitrag sind nicht seine Argumente, sondern dass Evers sein klimafeindliches Vorhaben in den Begriffen des Klimaschutzes verpackt. Denn dass inzwischen selbst Autobahnprojekte mit dem argumentativen Repertoire der Klimabewegung verteidigt werden, zeigt ja, dass die Bewegung in verkehrspolitischen Fragen eine Deutungshoheit erringen konnte. In den Begriffen des kommunistischen Theoretikers Antonio Gramsci ist es der Klimabewegung gelungen, eine „kulturelle Hegemonie“ aufzubauen.

Evers’ Text zeigt aber auch, wie weit die Konteroffensive gegen diese Deutungshoheit inzwischen vorangeschritten ist. Denn dies ist die Kehrseite der Medaille: Weil sich inzwischen quer durch das politische Spektrum auf den Klimaschutz bezogen wird, können fossile In­dus­trie­ver­tre­te­r:in­nen wie Evers und seine CDU den Begriff bis in sein Negativ ausdehnen – wodurch er faktisch unbrauchbar wird. Das Argument des Klimaschutzes kann dann sogar dafür herangezogen werden, einen Autobahnausbau durchzuboxen.

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