: Bush drängt zur UN-Resolution
■ An der Formulierung einer neuen, den Krieg legitimierenden Resolution gegen den Irak wird fieberhaft gefeilt/ „Alle notwendigen Mittel“ sollen die irakischen Truppen aus Kuwait vertreiben
Washington/Bagdad (afp/taz) — Die Bush-Administration will im UN-Sicherheitsrat schon am kommenden Donnerstag, einen Tag, bevor die USA den Vorsitz an den Jemen abgeben müssen, eine Entscheidung über eine mögliche Gewaltanwendung gegen den Irak herbeiführen. Nach Informationen der 'Washington Post‘ hat die US-Regierung bereits am Samstag einen entsprechenden Resolutionsentwurf den anderen vier ständigen Sicherheitsratsmitgliedern — Sowjetunion, China, Frankreich und Großbritannien — übergeben. Die Zeitung meldet am Sonntag, in dem Entwurf komme aus Rücksicht vor den Bedenken einiger Sicherheitsratsmitglieder das Wort „Gewalt“ nicht vor. Statt dessen sei von „allen notwendigen Mitteln“ und „den besonderen Bedingungen entsprechende Maßnahmen“ gegen den Irak die Rede.
US-Außenminister Baker bemüht sich seit zwei Wochen darum, den Sicherheitsrat davon zu überzeugen, daß eine neue, weit schärfere Resolution notwendig ist, um Bagdad zum Rückzug aus Kuwait zu bewegen. Baker sei seinem Ziel „sehr, sehr nahe“, sagte Bush am Samstag, doch werde man nicht die von den USA gewünschte Formulierung der Resolution durchsetzen können. Bush und Baker möchten vor allem eine möglichst kurze Frist setzen, bis zu der die irakischen Truppen Kuwait verlassen haben müssen.
Auf dem Rückflug nach Washington beschrieb Baker die US-Strategie mit den Worten: „Wir würden eine friedliche und politische Lösung vorziehen. Aber wir erreichen das vielleicht am ehesten, wenn wir uns die Option der Gewaltanwendung nicht verschließen. Wenn Gewalt eine glaubwürdige Option sein soll, müssen wir dafür die angemessene militärische und politische Grundlage schaffen.“
Um die Position der USA in den Vereinten Nationen zu unterstützen, hat die kuwaitische Exilregierung außerdem für Montag und Dienstag öffentliche Anhörungen der UNO angesetzt, auf denen die grausame Behandlung kuwaitischer Bürger durch die irakische Armee Thema sein sollen.
Seit der Invasion am 2. August verabschiedete der Sicherheitsrat zehn Resolutionen gegen den Irak. Die USA können nach dem gegenwärtigen Stand zuversichtlich sein, die erforderlichen neun von 15 Sicherheitsratsmitgliedern zur Unterstützung einer neuen Resolution zu bewegen. Außerdem darf keines der fünf ständigen Mitglieder ein Veto einlegen. Zwei dieser fünf Mitglieder, die Sowjetunion und China, das eine militärische Lösung der Golfkrise bislang abgelehnt hatte, schienen nach einem Treffen ihrer Außenminister am Wochenende bereit zu sein, ein Ultimatum der Vereinten Nationen an den Irak zu unterstützen.
US-Präsident Bush hatte am Ende seiner Reise durch Europa und den Nahen Osten am Freitag in Genf mit dem syrischen Präsidenten Assad gesprochen. Beim ersten Zusammentreffen eines US-Präsidenten mit seinem syrischen Gegenpart seit 1977 waren beide sich über die Notwendigkeit einer friedlichen Beilegung der Golfkrise weitgehend einig. Syrien befindet sich dabei in einer schwierigen Position, denn der Irak ist sein ärgster arabischer Rivale, gleichzeitig aber sein wichtigster Verbündeter in der Konfrontation mit Israel.
In Damaskus, das mit Moskau seinen wichtigsten außenpolitischen Verbündeten verloren hat, jubelte der staatliche Rundfunk über die diplomatische Aufwertung Syriens, die Assad mit dem Versprechen bezahlt haben soll, bis Weihnachten für die Freilassung der US-Geiseln im Libanon zu sorgen.
Israels Verteidigungsminister Moshe Arens demonstrierte hingegen die Befürchtungen seiner Regierung vor einer Annäherung zwischen Assad und den USA: Er beklagte, daß weder Bush noch Baker auf ihren Reisen in Israel Halt gemacht hatten. Die USA hätten schon Saddam Hussein falsch eingeschätzt, nun werde dieser Fehler in Bezug auf das Regime in Syrien wiederholt. Als Antwort auf diese Kritik ist Israels Premier Shamir für die erste Dezemberhälfte überraschend ins Weiße Haus eingeladen worden, melden israelische Zeitungen am Sonntag.
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