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Burn-out bei Schul­lei­te­r*in­nenHessens Rek­to­r*in­nen arbeiten am Limit

Der Lehrkräftemangel treibt Schul­lei­te­r*in­nen in Hessen an den Rand des Burn-outs. Die GEW fordert dringend Maßnahmen, um die Belastung zu senken.

Laut einer Befragung denken 19 Prozent der SChul­lei­te­r:in­nen in Hessen mehrmals im Monat über einen Jobwechsel nach

Frankfurt am Main taz | Schulleitungen in Hessen sind von Burn-out bedroht. Das geht aus einer Befragung hervor, die die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) im Auftrag der Freiburger Forschungsstelle für Arbeitswissenschaften (FFAW) unter 981 Schulleitungen von insgesamt 1.859 hessischen Schulen durchgeführt hat.

Laut der Befragung sind die Leitungskräfte in Hessen hochgradig belastet: 84 Prozent der Befragten gaben an, den ganzen Tag in hohem Tempo arbeiten zu müssen. 76 Prozent berichteten, dass sie selten oder nie ihre Pausenzeiten einhalten können. Nur etwa 4 Prozent der Befragten erklärten, dass ihre Leitungsaufgaben Raum für eine gründliche Vor- und Nachbereitung ihres Unterrichts lassen.

Rund 62 Prozent zeigten Symptome eines Burn-outs sowie Schwierigkeiten, nach der Arbeit abzuschalten. Laut der Befragung denken zudem 19 Prozent mehrmals im Monat über einen Jobwechsel nach.

„Schulleitungen in Hessen sehen sich im Vergleich zu anderen Berufsgruppen vor deutlich erhöhte Anforderungen durch ihre Arbeit gestellt“, sagt Matthias Nübling, Geschäftsführer der FFAW und Studienleiter. „Ihren allgemeinen Gesundheitszustand bewerten Schulleitungen schlechter als der Durchschnitt der anderen Berufsgruppen.“ Zudem gehen Schulleitungen vergleichsweise oft krank zur Arbeit.

Multiprofessionelle Teams sollen Schulen entlasten

Die GEW Hessen kritisiert die Situation, zeigt sich jedoch wenig überrascht. Die Gewerkschaft führt dies unter anderem auf unbesetzte Schulleitungsstellen zurück. Laut einer Anfrage der Grünen-Fraktion im hessischen Landtag sind im aktuellen Schuljahr 229 Stellen von Schul­lei­te­r*in­nen oder ihren Stell­ver­tre­te­r*in­nen unbesetzt – das betrifft etwa 13 Prozent der hessischen Schulen. Von den vakanten Stellen waren am Stichtag 31. Oktober allein rund 124 Grundschulen betroffen. Zusätzlich sind in Hessen im laufenden Schuljahr an den rund 1.800 öffentlichen Schulen insgesamt 1.116 Lehrerstellen unbesetzt.

„Die Landesregierung ist aufgefordert, endlich durchschlagende Maßnahmen gegen den Lehrkräftemangel zu ergreifen“, sagt Thilo Hartmann, Vorsitzender der GEW Hessen. Außerdem sei die schlechte Ausstattung der Schulen wesentlich für die hohe Arbeitsbelastung der Schulleitungen verantwortlich. „Das Land Hessen sollte sich als Arbeitgeber dazu verpflichten, den Schulleitungskräften regelmäßig Belastungsstudien und gezielte Präven­tionsmaßnahmen anzubieten“, so Hartmann.

Sascha Meier, Sprecher für weiterführende Schulen der Grünen-Landtagsfraktion, fordert den hessischen Kultusminister Armin Schwarz (CDU) auf, „sich dieser Herausforderungen anzunehmen, anstatt die Probleme an unseren Schulen weiter kleinzureden“. Insbesondere der Ausbau multiprofessioneller Teams müsse weiter vorangetrieben werden, „um Schulleitungen und Lehrkräftekollegien zu entlasten“, so Meier.

Zuletzt hatte die Plattform Table ­Media berichtet, dass drei von vier Schulleitungen in Deutschland ein Ungleichgewicht zwischen ihrem ­Arbeitseinsatz und der erfahrenen Anerkennung wahrnehmen. Diese Dis­krepanz erhöhe das Risiko psychischer Erkrankungen erheblich. „Schulleiter, die sich unterbewertet und ­über­arbeitet fühlen, sind anfälliger für Burn-out“, heißt es in den Ergebnissen einer Studie, die im European Journal of Public Health veröffentlicht wurde.

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5 Kommentare

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  • Würde den 19%, die mehrfach im Monat über einen Jobwechsel nachdenken, empfehlen das mal durchzuziehen.



    Dann könnten sie nach 2 Jahren, und nachdem sie festgestellt haben, in der freien Wirtschaft bekommt man bei gleichem oder höheren Stress weniger Geld, ja wieder in den Schulbetrieb zurückkehren und ab dann viel entspannter sein.



    Aber wahrscheinlich kommen sie beim nachdenken auch so schon drauf, für jemanden, der sein ganzes Leben nur in der Schule war, gibt es nicht wirklich Alternativen.



    Stellt sich die Frage, warum denken sie dann jeden Monat wieder mehrfach darüber nach?



    Vielleicht sollten sie das mal lassen und lieber drüber nachdenken, wie sie die Schule besser machen.

  • Der letzte Wahnsinnsknabe der CDU der Kultusminister gespielt hat und wirklich nichts gemacht hat ist jetzt der Finanzminister, ich wette der sieht kein Problem. Der derzeitige Kultusminister ist ja mehr mit den Bundesjugendspielen beschäftigt. Hauptsache für die CDU ist ja das Bildung nicht für alle ist.

  • Was ist los an deutschen Schulen? Lehrer sind überlastet und am Rande des Zusammenbruchs, Schulleiter sind überlastet und am Rande des Zusammenbruchs, Schüler sind unzufrieden mit ihren Lehrern und schneiden in Vergleichsstudien schlecht ab. Was ist los?

    • @Ertugrul Gazi:

      Gute Fragen! Vielleicht etwas zu wenig beleuchtet ist die Tatsache, dass manche Leute in Leitungspositionen ein eigenes Büro mit Computer & Telefon auf dem Schreibtisch irgendwie etwas zu wichtig nehmen, zudem hat Corona und seine Bewältigung sicherlich für wieder mehr Top-Down-Kisten gesorgt, die aber leider - anders als das Virus - nicht weitestgehend unter Kontrolle gebracht wurden.

    • @Ertugrul Gazi:

      Die Schule ist mittlerweile zum Spielball von Parteien geworden, wo jeder, ohne fachliche Grundlage, am Lehrplan rumpfuscht. Die Lehrer bekommen von den Politikern Aufgaben übergestülpt, für die weder ausgebildet, noch qualifiziert sind.