Bundesweite Proteste gegen Atomkraft: Sperrzone für Castorgegner
Rund 20.000 Menschen protestieren beim bundesweiten Streckenaktionstag gegen Atomtransporte. Im Wendland schränkt die Polizei das Demonstrationsrecht ein.
![](https://taz.de/picture/293003/14/Maulkorb_fuer_Castor-Proteste.20101024-19.jpg)
Mit Demonstrationen, Sitzblockaden und "Schotter"-Trainings haben am Wochenende beim "Streckenaktionstag" bis zu 20.000 Menschen in ganz Deutschland gegen die anstehenden Atommülltransporte ins niedersächsische Gorleben protestiert. An rund 120 Orten entlang der geplanten Castor-Transportstrecke demonstrierten sie gegen die Atompolitik der Bundesregierung und mobilisierten für das erste Novemberwochenende.
Dann wird im Wendland der zwölfte Transport mit hochradioaktivem Atommüll aus der französischen Wiederaufbereitungsanlage La Hague erwartet. Atomkraftgegner rechnen mit bis zu 50.000 Demonstrierenden. Mindestens 16.500 Polizisten werden im Einsatz sein.
In Hannover, Berlin, am Kernforschungszentrum Jülich sowie an verschiedenen Kraftwerkstandorten wie im südhessischen Biblis gingen Menschen gegen die von der Bundesregierung beschlossene Verlängerung der Kraftwerkslaufzeiten um durchschnittlich zwölf Jahre auf die Straßen und Schienen.
In zahlreichen deutschen Städten fanden Aktionstrainings statt, um auf Sitzblockaden und das Untergraben des Gleisbetts unter dem Motto "Castor? Schottern!" vorzubereiten. Gegen die Kampagne wird staatsanwaltschaftlich ermittelt. In Göttingen hat die Polizei zuletzt Flyer beschlagnahmt, weil diese laut Staatsanwaltschaft einen Aufruf zu einer Straftat darstellten.
Unterdessen hat die Polizeidirektion Lüneburg in einer amtlichen Bekanntmachung das Demonstrationsrecht im Wendland für die Zeit des Castor-Transportes eingeschränkt. Demnach sind ab dem 6. November sämtliche unangemeldeten öffentliche Versammlungen und ab dem 7. November bis spätestens 16. November sogar sämtliche Versammlungen entlang der vorgesehenen Transportstrecke nur begrenzt erlaubt. In einem Korridor von 50 Metern beiderseits der Strecke dürfen in dieser Zeit weder Demonstrationen noch sonstige Versammlungen stattfinden.
"Die Verbote", so die polizeiliche Bekanntmachung, "treten spätestens außer Kraft, sobald der Castor-Transport vollständig in das umzäunte Gelände des Zwischenlagers eingefahren ist." Genau das wollen die Atomkraftgegner durch angekündigte Sitzblockaden möglichst lange hinauszögern.
In der Begründung für die Maßnahme heißt es: "In der Breite ergibt sich der notwendige Bereich des Versammlungsverbotes aus der Reichweite der zu erwartenden Wurfgeschosse einerseits und der Notwendigkeit, mit Polizeikräften räumlich im Umfeld der Transportstrecke, an Hindernissen vorbei, ohne zeitraubende Auflösung etwaiger Demonstrationen schnell auf gewalttätige Störer zu- und eingehen zu können."
Die Sprecherin der atomkritischen Initiative X-tausendmal quer, Luise Neumann-Cosel, sagte dazu: "Wo Gesetze nur noch unter Umgehung der Demokratie durchsetzbar sind, muss die Politik einlenken: Wir fordern die Kanzlerin und ihre Regierung auf, ihre Atompläne sofort zu beerdigen."
Die Polizei spricht auch der Politik selbst eine Mobilisierungswirkung zu: "Unter dem Eindruck der Wiederaufnahme der Erkundungsarbeiten und der beschlossenen Laufzeitverlängerung für Kernkraftwerke", so heißt es in der Begründung der Bekanntmachung, sei mit "einer deutlich größeren Beteiligung an den Protesten zu rechnen."
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