Bundeswehreinsatz in Afghanistan: Neues Mandat sieht Abzug ab 2011 vor
Ab Ende dieses Jahres soll es wirklich losgehen mit dem Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan. Dem Juso-Vorsitzenden Sascha Vogt und den Grünen reicht das nicht.
BERLIN taz | Die entscheidende Neuerung im Text für das Bundeswehrmandat für die internationale Schutztruppe in Afghanistan ist eine Zahl: 2011. Ab Ende dieses Jahres sollen die Bundeswehreinheiten reduziert werden, die Bundesregierung wolle "jeden sicherheitspolitisch vertretbaren Spielraum für eine frühestmögliche Reduzierung nutzen", steht im Mandat, über das voraussichtlich am 28. Januar im Deutschen Bundestag abgestimmt wird. Die Einschränkung: "Soweit die Lage dies erlaubt, ohne dadurch unsere Truppen oder die Nachhaltigkeit des Übergabeprozesses zu gefährden."
Die Obergrenze - in Militärkreisen oft kritisiert - von 5.000 Soldatinnen und Soldaten plus einer Reserve von 350 Personen soll bestehen bleiben. Als Ausbilder für die afghanischen Streitkräfte sind aktuell 1.400 Bundeswehrsoldaten im Land, diese Gruppe soll um 100 Personen aufgestockt werden. Bei der Polizeiausbildung sind momentan rund 230 Personen im Einsatz - in einer bilateralen Mission (190 Polizisten) und einer europäischen (Europol, 40 Polizisten).
Im vergangenen Jahr wurde das Mandat in weiten Teilen von der Regierungskoalition aus Union und FDP getragen, auch die SPD hatte überwiegend zugestimmt. Die Abgeordneten der Grünen enthielten sich größtenteils, bei einigen Pro- und Kontrastimmen. Die Linkspartei lehnte den Einsatz ab.
Vieles deutet darauf hin, dass in gut zwei Wochen das Abstimmungsverhalten ähnlich aussehen wird. Aufseiten der SPD gibt es zwar Kritik an dem Text, jedoch hat Parteichef Sigmar Gabriel gestern Zustimmung signalisiert.
Der Vorsitzende der Jusos, Sascha Vogt, sieht diese Position kritisch: "Die SPD sollte dem Mandat nicht zustimmen", sagte Vogt der taz, "wir brauchen einen klaren Abzugsplan, der so nicht ausreichend im Mandatstext zu finden ist. Es muss schon im Jahr 2011 einen substanziellen Truppenabzug geben." Vogt sagte weiter, bei der Formulierung könne man "jederzeit sagen: Die sicherheitspolitische Lage lässt einen Abzugsbeginn 2011 nicht zu. Das ist nicht akzeptabel."
Auch die Grünen kritisieren den Text: "Ende 2011 will die Bundesregierung die Truppen - eventuell, vielleicht - reduzieren", schreiben der Fraktionsvorsitzende Jürgen Trittin und Verteidigungspolitiker Frithjof Schmidt. "Bis wann genau die Bundeswehr in welchen Schritten aus Afghanistan abgezogen und was bis dahin erreicht werden soll, darüber schweigt sich die Bundesregierung in gewohnter Weise aus." Linken-Fraktionschef Gregor Gysi kündigte an, seine Partei werde dem Mandat für eine Fortsetzung des Einsatzes "mit einem klaren Nein" begegnen.
Vielleicht wird es in diesem Jahr die letzte Mandatsverlängerung sein, die relativ ruhig verläuft. Anfang 2012 muss ein neuer Text den Bundestag passieren. Die Bundestagswahl 2013 steht dann bereits vor der Tür - und wird das Abstimmungsverhalten beeinflussen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
Künstler Mike Spike Froidl über Punk
„Das Ziellose, das ist doch Punk“
Abschiebung erstmal verhindert
Pflegeheim muss doch nicht schließen
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Slowakischer Regierungschef bei Putin im Kreml
US-Interessen in Grönland
Trump mal wieder auf Einkaufstour