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Bundeswehr in der TürkeiGabriel kündigt Abzug aus Incirlik an

Die Türkei hält am Besuchsverbot für deutsche Parlamentarier fest. In Ankara stellte Außenminister Sigmar Gabriel erstmals konkret den Abzug in Aussicht.

Alles gut? Eher nicht. Gabriel und Cavusoglu am Montag in Ankara Foto: reuters

Ankara afp | Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD) hat den Abzug der Bundeswehrsoldaten vom türkischen Stützpunkt Incirlik angekündigt. Angesichts des Festhaltens der Türkei am Besuchsverbot für deutsche Abgeordnete in Incirlik sagte Gabriel am Montag in Ankara: „Ich bedauere das, aber bitte um Verständnis, dass wir aus innenpolitischen Gründen (…) die Soldaten verlegen müssen.“ Allerdings gebe es „noch keine Entscheidung oder konkreten Plan, den wir heute besprechen konnten“, fügte Gabriel hinzu.

Zuvor hatte der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu deutlich gemacht, dass das Besuchsverbot für Bundestagsabgeordnete bestehen bleibt. Deutsche Parlamentarier könnten den Nato-Standort Konya besuchen, „nicht aber Incirlik“, sagte Cavusoglu nach seinem Gespräch mit Gabriel.

Die Regierung in Ankara weigert sich seit Wochen, deutschen Parlamentariern einen Besuch bei den in Incirlik stationierten Bundeswehrangehörigen zu erlauben, die am internationalen Einsatz gegen die Dschihadistenmiliz „Islamischer Staat“ (IS) in Syrien beteiligt sind. Die deutschen Soldaten kümmern sich dort um bis zu sechs Tornado-Aufklärungsflugzeuge, die über Syrien und dem Irak zum Einsatz kommen.

Hintergrund für das Besuchsverbot ist offenbar, dass Deutschland türkischen Soldaten und Beamten Asyl gewährt hat, die wegen ihrer mutmaßlichen Beteiligung an dem gescheiterten Militärputsch vom 15. Juli in der Türkei gesucht werden.

Streit um Deniz Yücel

Im Streit um die Inhaftierung des Welt-Korrespondenten Deniz Yücel wirft die türkische Regierung unterdessen europäischen Staaten vor, Journalisten als Spione einzusetzen. „In letzter Zeit gibt es einen Trend in Europa“, sagte Cavusoglu bei einer Pressekonferenz mit Gabriel am Montag in Ankara. „Vor allem haben die Geheimdienste angefangen, Journalisten als Agenten in der Türkei einzusetzen. Warum? Damit sie, sollten sie geschnappt werden, mit Kampagnen wie ‚Journalisten verhaftet‘ oder ‚Journalisten im Gefängnis‘ Druck ausüben können.“

Cavusoglu sagte, die Inhaftierung Yücels stehe bei Treffen von Regierungsvertretern Deutschlands und der Türkei immer auf der Tagesordnung. „Wir sehen, dass das Thema Yücel für Deutschland sehr wichtig ist. Aber eines steht fest, und das weiß Deutschland nur zu gut. Bei den Anschuldigungen bezüglich Yücel geht es nicht um Journalismus, sondern um Terror.“ Cavusoglu verwies auf die Unabhängigkeit der türkischen Justiz.

Gegen Yücel wurde Ende Februar in Istanbul wegen des Verdachts der Terrorpropaganda und der Volksverhetzung Untersuchungshaft verhängt. Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan warf Yücel danach vor, ein Terrorist und ein deutscher Agent zu sein. Die Bundesregierung fordert die Freilassung des deutsch-türkischen Journalisten.

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3 Kommentare

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  • "Wenn man denn unbedingt einen Luftwaffenstützpunkt braucht..."

     

    braucht man den denn unbedingt?

  • Anhand dieser geschichte wird klar, warum das regime Erdogan die Bundesregierung nicht ernst nimmt.

     

    Die Entscheidung istr längst überfällig. Wenn man denn unbedingt einen Luftwaffenstützpunkt braucht, gibt es genügend Auswahl nur wenige Flugminuten weiter. Warum nicht mal mit Griechenland reden ? Die brauchen doch Einnahmen.

  • Was für ein Eiertanz - die deutsche Politik tut Notwendiges immer erst dann, wenn es nicht mehr anders geht - vorher wird argumentiert, dass es nicht möglich wäre. Ein eigenbestimmter früherer Rückzug hätte für eine Wertehaltung gestanden - so sieht es wieder mal so aus, dass alles nach Erdogans Pfeife tanzt - die deutschen Politiker hatten die Wahl - das Ergebnis stand schon vorher fest - nur der Weg war wählbar. Keine gute Wahl!