Bundesverfassungsgericht zu Rockerclubs: Erweitertes Kuttenverbot
Karsruhe bestätigt das verschärfte Vereinsgesetz. Auch legale Ortsgruppen dürfen Logos von Bandidos und Hells Angels nicht mehr nutzen.
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Nach Schätzung des Bundeskriminalamts (BKA) gibt es in Deutschland rund 10.000 Rocker, die sogenannten Outlaw Motorcycle Gangs wie den Bandidos angehören. Sie sind in rund 700 Chapters (Teilvereinen) organisiert. Ihre Bedeutung im Bereich der organisierten Kriminalität (OK) nimmt allerdings ab. Im letzten Lagebild des BKA von 2018 wurden nur noch 2 Prozent aller OK-Verfahren den Rockerclubs zugerechnet.
Die formal selbständigen Rockerclubs drücken ihre Verbundenheit durch einheitliche Kutten aus, jeweils verbunden mit der Ortsangabe. Die Kutten der Bandidos Aachen (die als kriminelle Vereinigung verboten sind) sehen also ganz ähnlich aus wie zum Beispiel die Kutten der Bandidos Bochum (die nicht verboten sind).
Dass ein verbotenes Chapter seine Kutte nicht mehr tragen darf, folgte schon immer aus dem Vereinsverbot. Doch 2002 versuchte der Bundestag im Vereinsgesetz das Kuttenverbot zu erweitern. Danach sollten auch alle Chapter, die die Ziele eines verbotenen Chapters teilen, ihre ganz ähnliche Kutte nicht mehr tragen dürfen. Die Rechtsprechung legte das Verbot aber eng aus und verlangte einen Nachweis gemeinsamer krimineller Ziele.
Kuttenverbot 2017 verschärft
Der Bundestag hat das Kuttenverbot deshalb 2017 verschärft. Danach gilt das Kuttenverbot nun generell, auch wenn das Logo mit einem anderen Ortsnamen versehen ist. Dagegen erhoben Rocker, die zu legalen Chaptern der Bandidos, Hells Angels und MC Gremium gehören, Verfassungsbeschwerde. Es sei eine „Sippenhaft“, wenn auch sie ihre Kutte nicht mehr tragen dürfen.
Das Bundesverfassungsgericht lehnte die Klage der Rocker nun aber ab. Das umfassende Kuttenverbot verstoße nicht gegen das Prinzip der Verhältnismäßigkeit. Zwar liege ein schwerwiegender Eingriff in die Vereinigungsfreiheit vor, wenn ein legaler Verein sein Logo nicht mehr verwenden darf. Allerdings überwiegen laut Gericht die Gründe des Gesetzgebers.
Wenn ein legaler Verein faktisch das Logo eines verbotenen Vereins benutze, identifiziere er sich auch mit dessen strafbaren Aktivitäten, befanden die Verfassungsrichter. Es liege auch kein Eingriff in die körperliche Unversehrtheit vor. Rocker müssten das eintätowierte Logo nicht chirurgisch entfernen, sondern nur in der Öffentlichkeit abdecken.
Az.: 1 BvR 2067/17 u.a.
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