Bundestagswahl-Service (1):MLPD von Jean-Philipp Baeck: Die Selbstkritischen
CDU, SPD, Grüne und Linke sind im Bundestag. In Bremen wollen am 24. September noch weitere Kleinstparteien zur Wahl antreten. taz.bremen stellt sie vor – anhand der vier wichtigsten Faktoren. Heute: die Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands.
Street-Credibility: hoch
Vielleicht ein Dutzend Mitglieder hat die MLPD in Bremen und ist doch bekannt wie ein bunter Wasserbüffel auf den Reisfeldern Shaoshans. Klar ist: Über die Diktatur der Arbeiterklasse reden hier nur echte Arbeiter. Der Dreher Wolfgang Lange ist langjähriger Bremer Parteichef und jedes Jahr am 1. Mai mit einem Infostand auf der Straße. Seit neun Jahren moderiert er das offene Mikro bei den Montagsdemos. Und: Er war als „Brigadist“ im kurdischen Kobanê in Nordsyrien, um ein Gesundheitszentrum mit aufzubauen.
Digitale Präsenz: mittel
Eine Internetsuche bringt für die MLPD 311.000 Ergebnisse, sie ist bei Facebook (1.298 Follower), Twitter und hat einen eigenen Youtube-Kanal. Wohl wichtigste Nachrichten-Quelle für die GenossInnen ist „Russia Today“ – neben „Rote Fahne News“.
Weirdness: mittel
Die netten GenossInnen würden nicht weiter auffallen, glaubten sie nicht Sätze wie: „Die größte Katastrophe war der Verrat am Sozialismus 1956 durch eine entartete Bürokratie in der ehemaligen Sowjetunion und DDR und 1976 in China nach dem Tode Mao Zedongs“. Oder diesen: „Bis heute wird die Politik Stalins von den Antikommunisten aller Länder als ‚antisemitisch‘ diffamiert. ‚Antisemitisch‘? Nein, internationalistisch und bis heute wegweisend!“ Alles andere ist Revisionismus.
Durchhaltevermögen: krass
Seit der Gründung 1982 musste die Partei Perestroika und die Öffnung Chinas erleben und hielt doch den „klaren revolutionären Kurs“. Das lag an einem „System der Selbstkontrolle“ und auch an Stefan Engel, der die Partei 37 Jahre lang führte. 0,1 Prozent holte die MLPD bei der Bundestagswahl 2013, in Bremen bekam Wolfgang Lange immerhin 207 Erststimmen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen