Bundesrat berät über Klimapolitik: Teils schwer zu vermitteln

Pendlerpauschale, Bahn- und Flugpreise, CO2-Steuer. Im Bundesrat steht das Klimapaket zur Abstimmung. Nicht alles wird durchgehen.

Ein Flugzeug hinterlässt Kondensstreifen am blauen Himmel.

Werden Flugtickets stärker besteuert? Foto: dpa

BERLIN dpa | Eigentlich wollte die schwarz-rote Koalition Bahnkunden ein besonderes Weihnachtsgeschenk machen. Von Anfang 2020 an sollen Zugtickets im Fernverkehr günstiger werden – indem die Mehrwertsteuer sinkt. Doch der Zeitplan wackelt, auch für die geplante Förderung klimafreundlicherer Heizungen oder Fenster.

Die Länder dürften am Freitag im Bundesrat ihr Veto einlegen – dann heißt es, mal wieder: Verhandeln ums Klimapaket. Offen ist, ob neben den Steuer-Maßnahmen weitere Teile im Vermittlungsausschuss landen, etwa der geplante CO2-Preis im Verkehr und fürs Heizen.

Worum es geht

Nach monatelangen, zähen Verhandlungen haben sich Union und SPD im Bund auf ein Klimaschutzprogramm 2030 geeinigt, das nun schnell auf den Weg gebracht werden soll. Viele wichtige Gesetze hat der Bundestag schon durchgewunken – denn die Fraktionschefs saßen mit am Verhandlungstisch. Die Länderchefs dagegen haben teils andere Vorstellungen – und die Grünen erst recht, die in zehn Ländern mitregieren und Gesetze im Bundesrat blockieren können.

Als wahrscheinlich gilt, dass die Länder wegen Steuergesetzen den Vermittlungsausschuss einberufen werden. Dazu gehört die Erhöhung der Pendlerpauschale, die Senkung der Mehrwertsteuer für Bahntickets und die steuerliche Förderung der Gebäudesanierung. Die Länder fordern mehr Kompensationen für Steuerausfälle.

Die große Frage ist, ob die Länder auch beim Klimaschutzgesetz, der Erhöhung der Ticketsteuer für Flüge und der Einführung eines CO2-Preises für Verkehr und Heizen den Vermittlungsausschuss von Bundesrat und Bundesrat verlangen. Dies wären dann Verhandlungen über ein Gesamtpaket. Diese drei Gesetz sind zwar nicht zustimmungsbedürftig – der Bundesrat kann aber auch hier die Einberufung eines Vermittlungsausschusses verlangen.

Warum die Länder unzufrienden sind

Kritik gibt es vor allem am geplanten CO2-Preis. Er soll von 2021 an klimaschädliche Brennstoffe aus Öl, Erdgas und später auch Kohle verteuern – und so einen Anreiz für Entwicklung und Kauf klimafreundlicher Autos und Heizungen setzen. Raffinerien und Gas-Händler sollen dafür Zertifikate kaufen, zum Start für 10 Euro pro Tonne pro Tonne Kohlendioxid (CO2). Benzin soll dadurch zunächst um etwa drei Cent pro Liter teurer werden.

Bis 2025 soll der CO2-Preis auf 35 Euro steigen. Ab 2026 soll er in einem Handel mit Verschmutzungsrechten teils dem Markt überlassen werden, aber zunächst bei 60 Euro gedeckelt sein.

Vor allem die Grünen halten den Einstiegspreis von zehn Euro aber viel zu niedrig. Dies werde keine Lenkungswirkung haben, damit Menschen sich etwa ein umweltfreundlicheres Auto kaufen. Die Grünen wollen einen Einstiegspreis von mindestens 40 Euro pro Tonne – auch Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU), der mit FDP und Grünen regiert, hatte sich dafür ausgesprochen.

Daneben haben die Länder Zweifel, ob die bisher geplante energetische Gebäudesanierung ausreicht, um Klimaziele zu erreichen. Außerdem geht es um die genauen Förderkriterien. Auch am Sinn einer höheren Pendlerpauschale gibt es Kritik.

Und es geht ums Geld. Durch die geplanten Klimaprogramme kommt es zu hohen Steuerausfällen für Bund, Länder und Kommunen. Die Länder monieren, dass Einnahmeausfälle für Länder und Kommunen nicht vollständig kompensiert werden, und wollen eine höhere Umsatzsteueranteile. Mehreinnahmen landeten zu einseitig beim Bund. Die Zentrale Datenstelle der Landesfinanzminister gehe von Mindereinnahmen von rund einer Milliarde Euro allein für das Jahr 2023 für Länder und Kommunen aus, heißt es aus Sachsen.

Welche Rolle der Vermittlungsausschuss hat

Der Vermittlungsausschuss ist ein gemeinsamer Ausschuss der von Bundestag und Bundesrat, in dem beide Häuser gleich stark vertreten sind. Er wird eingeschaltet, um bei umstrittenen Gesetzesvorhaben eine Einigung zu erzielen. Um ihn einzuberufen, sind im Bundesrat 35 von 69 Stimmen notwendig. Enthaltungen wirken wie ein Nein. Findet der Ausschuss einen Kompromiss, müssen Bundestag und Bundesrat diesen noch billigen. Bundestag und Bundesrat entsenden jeweils 16 ihrer Mitglieder in den Vermittlungsausschuss, insgesamt sind es also 32.

Wie es weitergeht

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hätte gerne eine Einigung im Vermittlungsausschuss noch vor Weihnachten, damit wichtige Teile des Klimaschutzprogramms schnell in Kraft treten können. Dieser Zeitplan wird in den Ländern aber als mindestens ambitioniert, wenn nicht unrealistisch gesehen.

Sie streiken: Die Temperaturen steigen. Der Meeresspiegel auch. „Fridays for Future“ ruft am 29.11. zum Klimastreik. Samstag protestiert „Ende Gelände“ gegen den Braunkohleabbau. Und am 2.12. beginnt die UN-Klimakonferenz.

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Wegen bestimmter Fristen könnte der Vermittlungsausschuss erstmals am 5. Dezember zusammentreten. Am 19. Dezember schon müsste der Bundestag einem Kompromiss zustimmen, am 20. Dezember der Bundesrat. Sonst geht es im Januar weiter.

Falls über ein Gesamtpaket verhandelt wird, könnte es neben der Frage der Kostenaufteilung noch einmal Bewegung geben beim CO2-Einstiegspreis. Die Grünen würden sogar gern das ganze Konstrukt – erst Festpreis, dann Emissionshandel – ändern, weil sie und andere bezweifeln, dass es verfassungskonform ist.

Auch Änderungen bei der energetischen Gebäudesanierung sind denkbar, zum Beispiel strengere Kriterien für Förderungen. Auf dem Prüfstand stehen könnte auch die genaue Ausgestaltung der Pendlerpauschale ebenso wie die geplante höhere Ticketsteuer bei Flügen.

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