Bundeskongress Politische Bildung: Gute Nachricht in schlimmen Zeiten

Innenministerin Nancy Faeser (SPD) verspricht, die Bildungsarbeit weniger stark zu kürzen. Die Haushaltsverhandlungen stehen aber noch bevor.

Ein Denkmal zeigt Kinder mit Koffern

Politische Bildung: Wer kennt das Denkmal zur Erinnerung an die Kindertransporte in der Berliner Friedrichstraße? Foto: Jürgen Ritter/imago

WEIMAR taz | Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) ist mit einer guten Nachricht im Gepäck nach Weimar gereist. Zum Auftakt des 15. Bundeskongresses Politische Bildung am Donnerstagabend verkündete sie, dass die geplanten Haushaltskürzungen bei der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) zurückgenommen würden. Für das Jahr 2024 stünden „trotz angespannter Haushaltslage“ wieder so viele Mittel bereit wie in diesem Jahr, sagte Faeser und erntete damit kräftigen Applaus.

Möglich sei dies, weil das Bundesinnenministerium (BMI) noch vorhandenes Geld aus den Vorjahren nutzen könne, so Faeser. Zudem würden Mittel behördenintern umgeschichtet. Die Kürzungspläne der Ampel bei der politischen Bildung waren auf breite Kritik gestoßen – auch innerhalb der SPD. Im August hatte das BMI daraufhin Nachbesserungen angekündigt. Allerdings sind die Haushaltsverhandlungen noch nicht abgeschlossen. Mitte November wird eine Entscheidung erwartet.

Die Politikwissenschaftlerin Sabine Achour von der Freien Universität Berlin begrüßt die Kehrtwende. Gegenüber der taz sagt sie, dass in den aktuellen Zeiten keine andere politische Reaktion glaubhaft sei als eine vollständige Rücknahme der Kürzungen. Achour fordert, dass Mittel künftig noch umfassender und verlässlicher bereitgestellt werden: „Wo zu wenig investiert wurde, sehen wir leider gerade deutlich.“

Seit dem brutalen Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober sind judenfeindliche Vorfälle in Deutschland sprunghaft angestiegen. Allein in der ersten Woche verzeichnete der Bundesverband der Recherche- und Informationsstellen Antisemitismus (RIAS) über 200 Vorfälle. In Weimar betonte Faeser, dass Hass auf Jüdinnen und Juden in Deutschland keinen Platz habe. „Wir werden hier in Deutschland Antisemitismus nicht tolerieren“, sagte Faeser. Einen wichtigen Beitrag dazu leiste die politische Bildung.

Diskurs als Kampagne

Faeser dankte der Bundeszentrale für politische Bildung, dass sie zum Nahostkonflikt aktuell eine Vielzahl von digitalen Projekten anbiete. Gleichzeitig warnte die Ministerin vor den Gefahren für unsere Demokratie. Neben dem „alten und neuen Antisemitismus“ sorge sie die zunehmende Polarisierung der Gesellschaft durch Propaganda und Desinformationskampagnen aus dem Ausland sowie die wachsende politisch motivierte Gewalt von rechts. „Gerade hier in Weimar müssen wir uns daran erinnern, dass Demokratien auch scheitern können“.

Ähnlich äußerte sich der Präsident der Bundeszentrale für politische Bildung, Thomas Krüger. Die vergangenen Jahre hätten gezeigt, dass die öffentlichen Diskursräume zunehmend einer Kampagnenlogik folgten und sich somit verengten. Das sei eine große Herausforderung für die politische Bildung. Neben der Pandemie und dem Ukrainekrieg verwies auch Krüger auf den neu entflammten Nahostkonflikt.

„Wir sind gefordert, mit den Mitteln der politischen Bildung dazu beizutragen, dass diese innergesellschaftlichen Spannungen produktiv diskutiert werden“, so Krüger. Der Bundeskongress habe sein Programm angepasst, um auf die aktuellen Ereignisse in Israel und dem Gazastreifen einzugehen.

Bis Samstagnachmittag finden in Weimar dutzende Veranstaltungen und über 70 Workshops zu Themen der politischen Bildung statt. Das Motto des 15. Bundeskongress Politische Bildung lautet „Gegegenwartsdeutungen – Zukunftserzählungen. Politische Bildung in Zeiten gesellschaftlicher Umbrüche“.

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