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Bundesbank will ihn loswerdenDer lange Abschied des Thilo Sarrazin

Die Bundesbank will sich von Sarrazin trennen – nur wie man das am besten macht, das ist juristisch noch unklar.

Nach der Sitzung der Bundesbank: Sarrazin verlässt am Mittwoch das Bankgebäude. Bild: dpa

BERLIN taz/dpa | Thilo Sarrazin muss mit seinem Abgang rechnen. Der Vorstand der Bundesbank hat sich in einer Krisensitzung am Mittwoch dem Vernehmen nach einstimmig dafür ausgesprochen, sich von ihm zu trennen. Nach Informationen der Frankfurter Rundschau und der Berliner Zeitung geht es jetzt nur noch darum, die juristischen Details der Entlassung zu klären.

"Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende", zitiert die FR aus Kreisen der Bundesbank. Das Kalkül sei: Da Sarrazins Vertrag noch bis 2014 läuft, dürfte die Notenbank bis dahin immer wieder in die Schlagzeilen geraten.

Gesetzlich ist nicht eindeutig geregelt, wann und wie ein Vorstandsmitglied der Bundesbank entlassen werden kann. Offenbar herrscht immer noch juristischer Beratungsbedarf. Jedenfalls gab die Bundesbank am Mittwoch offiziell nur bekannt, dass vor Donnerstag nicht mit einer Entscheidung zu rechnen sei. "Die Gespräche dauern an", sagte ein Sprecher.

Die Bundesregierung machte erneut deutlich, dass sie die Entlassung Sarrazins begrüßen würde. Dieser verbreite "verantwortungslosen Unsinn", sagte Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) am Mittwoch. Auch die SPD wird das Thema Sarrazin nicht los - selbst auf seiner Sommerreise muss sich Parteichef Sigmar Gabriel damit befassen.

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18 Kommentare

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  • MP
    Mary Poppins

    Es ist ja nicht so, dass andere Bundesbanker oder PolitikerInnen nicht das Gleiche oder Ähnliches dächten, sie sprechen es nur meist nicht laut aus, weil sie wissen, was es ihnen einbrächte. Lieber die Schäfchen im Trockenen halten.

    Dass die Meinungsfreiheit da endet, wo Beleidigung und Verhöhnung rassistischer Art anfängt, sollte in dieser Demokratie eigentlich bekannt sein.

    Schlimm oder auch wieder eine Erkenntnis, was unter der Oberfläche des gemeinen Bürgers' Hirn brodelt und an Bildung über Historie in der Schule fehlt?

    Schlimm, das es Verlage gibt, die mit solchen Büchern andere, sinnvollere querfinanzieren.

    Allein, Bildung im Sinne von Wissen eintrichtern ist auch nicht die Lösung, die das Bildungsbürgertum egal welcher Couleur zur Rettung gerne vorschlägt, solange der gesunde Menschenverstand (nicht messbare Intelligenz) und Empathiefähigkeit fehlen - irgendwo zwischen Handy, i-gerät, Bierzelt und Gewaltfantasien verschütt gegangen.

  • P
    Paula

    Herr Sarrazin hätte lieber ein Buch über dumme Blondinen und das Verblödungsgen der Germanen geschrieben. Alle hätten gejubelt und natürlich wäre das kein Rassismus…..

  • E
    Erich

    Also "der lange Abschied des Thilo Sarrazin" wird wohl länger dauern, als so mancher hier denkt. Der Mann braucht doch gar nichts zu machen, ihm kann niemand etwas anhaben. Im Gegenteil, wie man ja deutlich nachlesen kann, fühlt er sich mehr als sicher - kein Wunder, hat man doch der Bundesbank und ihren Mitgliedern soviel Autonomie wie Richtern gegeben: einmal ernannt, kann sie eigentlich nur noch Gevatter Tod persönlich abholen.

     

    Meine Vorhersage: Der sitzt das aus bis 2014 mit einem jährlichen Einkommen von mindestens 1 Million Euro, während seine größten Opfer weiter mit ihrem Hartz IV und billigster Halal-Lebensmittel darben müssen. Der lacht sie jeden Morgen aus, wenn er von seinem Chauffeur zum EZB-Turm abgeholt wird und die BILD durchblättert.

     

    Sarrazin lacht sich doch in Wirklichkeit einen ab, weil er der Gewinner der ganzen Show um ihn ist:

    Er bestimmt die Regeln und nicht seine Kritiker oder gar die Bundesregierung. Letztere hat er bis hinauf zum Bundespräsidenten zu Vollidioten gemacht, die jetzt wie begossene Pudel dastehen.

     

    Ein großer Dank an Herrn Wowereit (SPD), der ihn zum Bundesbanker mit Millionengehalt gemacht hat!

    Das ist gelebte Sozialdemokratie.

  • W
    wunhtx

    Sarrazin sagt das, was die breite Bevölkerungsmasse denkt. Und sie erlebt an der Basis letztlich auch, dass eben die gehobene Schicht der Türken integriert ist, aber die wirtaschaftliche schwackhen Gruppen in ihrer eigenen Welt lebt.

     

    Nun redet ein Herr Friedmann von Rassismis. Aber nur weil das Wort Juden verwendet wurde, sonst schweigen auch die selbsternannten Moralisten unseres Landes.

     

    Haben wir nicht täglichen Rassismus im Land. Einmal vom Missfelder gegen alte kranke Menschen, dann von Sarrazin gegen Arbeitslose und Hartz-IV-Empfänger, den von Brüderle, Merkel, Gabriel, Schäuble, de Maiziere verbrecherischen Rassimus gegen Arbeitslose, die pauschal menschenverachtend als faul bezeichnet werden. Und der Altersrassismus des Herrn Spahn gegen Rentner, die angeblich die Kassen plündern.

     

    Unser Land trieftet ab in das Chaos und die Methoden von Merkel und Co, die Meinungsfreiheit im Falle Sarrazin mit der Nazikeule zu ersticken ist und sollte Warnung für Alle sein, dass die Berliner Regierung wieder einmal auf dem Weg des Terrors gegen die eigenen Bürger marschiert.

     

    Ich bin glücklich, vor wenigen Tagen der CDU mein Parteibuch zurückgegeben zu haben. Personen, die die Verfassung nicht achten, die die Verfassung und deren Freiheiten für ihre Interessen missbrauchen, darf niemand unterstützen, will er sich nicht mitschuldig machen an einem neuen Verbrechen gegen die Bürger dieses Landes.

     

    Dieses Land hat unsagbare Verbrechen hinter sich, aber lasst uns nicht schweigen, wenn Arbeitslose und Rentner, Alleinerziehende und Geringverdiener zum Ersatz für die Ewiggestrigen gemacht werden und Organe wie der Zentralrat die Augen vor diesem Rassismus verschliessen.

  • C
    coronel54

    Irgendwie scheint vielen Leuten in den Redaktionen in Deutschland das Meinungsfreiheitsgen abhanden gekommen zu sein. Die schreibende Zunft gibt derzeit ein jämmerliches Bild ab. Als ob der Leibhaftige in Form von TS zu uns gekommen ist. Es findet in den Medien fast keine konstrutive Auseinandersetzung statt mit seinem Buch, nur refelxartiges Zubeissen. Ich wette kaum jemand hat sein Buch gelesen.

    Im übrigen ist das Drängen von Wulff, Sarrazin zu entlassen an Dreistigkeit nicht zu überbieten. Was bilden sich diese Politiker überhaupt ein wo wir leben? Falsche Meinung! Raus mit ihm!

  • Y
    yotago

    Wer die Äußerungen des Herrn S. unter dem Deckmantel von Meiningsfreiheit und Demokratie rechtfertigen will, will wohl nicht verstehen was Demokratie bedeutet. Demokratie, Meinungsfreiheit und Menschenrechte können nicht getrennt voneinander gedacht werden und hier steht man mit einer rassistischen Grundhaltung außerhalb eines demokratischen Wertesystems. Die Entlassung von Herrn S. ist also überfällig!

  • S
    Sven

    Man könnte meinen, dass Herr Sarrazin in den letzten Jahren seines Berufslebens auf den Abgang mit diesem Buch hingearbeitet hat.

    Jedes mal (an das ich mich erinnere) wenn er in den Medien zu hören war, hat er auf irgendeinen der (finanziell) schwächeren Teile der deutschen Bevölkerung bzw. der Völker, die es bevölkern eingedroschen.

    Er war lange der berliner Finanzsenator und ich kenne keinen von ihm gestarteten Vorstoß, die Bedingungen für ärmere Kinder oder gar deren Eltern zu verbessern. Daher ist er für mich nicht gerade die Ikone der Integration... er scheint das Gegenteil bewirken zu wollen.

    Oder auch nur sein Buch verkaufen... wer weiß...

     

    ...traurig, dass sich mit diesem Schwätzer nun so viele so intensiv beschäftigen, dass die wirkliche Sauerei (Sparpaket) schön im Hintergrund bleibt. Aber weil die deutsche Öffentlichkeit so gut auf das Ausländerthema anspringt (siehe "jottseidank-endlich-weg-KOCH" - Debatte damals) klappt die Sache immer wieder.

     

    Das Thema Integration hätte einen würdigen "Bedenkenträger" verdient.

     

    Man sieht sich demnächst ... in einer der "Unterschichten" ...die Chancen sind seit heute so gut wie schon seit ca. 70 Jahren nicht mehr.

     

    Da wünscht man sich auch oft die Option, die Seite und das Pöstchen so elegant und einkommensoptimierend wechseln zu können.

  • T
    Thomm

    So viel zum Thema Meinungsfreiheit in Deutschland, wo die guten Pöstchen nur die Speichellecker vorbehalten sind die eine politisch korrekte Propaganda betreiben.

     

    Ich schäme mich für diese Regierung für so einen Präsidenten und die Opposition, denn es handelt sich allesamt um Apparatschiks

  • P
    problembär

    Das Problem sind doch nicht die häufig aus dem Zusammenhang gerissenen polemischen Äusserungen von Herrn Sarrazin, sondern das Verhalten der Parteibosse der SPD (inklusive natürlich der anderen grossen Parteien) und grosser Teile der Medien. Wer jetzt die Jagd auf Herrn Sarrazin eröffnet, ihn zensieren möchte oder eine Parteiausschluss bzw. Berufsverbot fordert, verstärkt letztlich nur eine grossen Gruppe: nämlich die Nichtwähler oder noch schlimmer die extremen rechten Parteien.

    Die Gruppe der Nichtwähler stellt jetzt schon prozentual die Regierungsmehrheit und es stellt sich nicht nur für Juristen die Frage, inwieweit und woher die jetzigen Parteien überhaupt noch ihre Legitimation zu regieren herbeziehen.

  • DS
    die semmel

    Was soll an der Entlassung denn schwierig sein? Wir leben doch in einem Land, in dem man Angestellte, unter dem Verweis auf ein zerstörtes Vertrauensverhältnisses, bequem wegen einer angebissenen Wurstsemmel feuern kann. Irgendeinen Kugelschreiber aus seinem Bundesbankbüro wird der feiner Herr Sarrazin sicher einmal eingesteckt haben ...

  • S
    steffen

    Damit wäre dann die Hexenjagt abgeschlossen.

     

    Ach hättest du lieber Thilo doch nur ein Buch über rechtsradikale Ostdeutsche geschrieben !

    Es hätte keine Talkshows gegeben in der sich integrierte Ostdeutsche beleidigt ob der schlimmen Anschuldigungen hätten abwenden können.

    Kein Moderator wäre auf die Idee gekommen Deine Thesen wiederlegen zu wollen.

    Und Herr Friedmann und die gesamte deutsche Linke hätten Beifall geklatscht...

    Achso die Gelder für den Kampf gegen Rechts würden erhöht werden.

    Am Ende des Jahres hätte es ein Bundeverdienskreuz gegeben....

     

    MfG

  • A
    Abwarten

    Den nächsten Sarrazin wird man wählen können.

  • S
    Stefan

    Schöne Fotos - Thilo Sarrazin, der Einsame. keiner mag ihn mehr. Alle wollen ihn loswerden. Jeder meidet seine Gesellschaft. Wollt ihr das damit ausdrücken?

  • F
    FriederGerstenschaum

    Der werte Herr fällt weich.

    Es scheint ihm völlig wurscht zu sein, on er bei der Bundesbank rausfliegt oder nicht.

    Trotzdem. Ein solcher Dummkopf sollte nicht im Vorstand der Bundesbank sitzen.

  • N
    noevil

    Ich denke, dass es - auch für die ausserdeutsche Öffentlichkeit - ein vernünftiges Zeichen wäre, Herrn S. endlich ins Privatleben zu entlassen. Ob es Bundesbank und/oder der SPD möglich ist, einen sauberen Strich zu ziehen, steht auf einem anderen Blatt. Der Ruf beider Institutionen leidet fraglos.

     

    In jedem Fall wäre es die einzige vernünftige Begründung dafür, das diesem Demagogen so viel überwältigende mediale Aufmerksamkeit geschenkt wurde. Ihn selbst würde es vielleicht schmerzen, nun seine "Thesen" selbst und direkt unter die Leute bringen zu müssen. Denn es würden ihm nur noch die zuhören, die sowieso seiner Meinung sind, sh. Clement. Der Rest würde gelangweilt abwinken.

     

    Von seiten der Bundesbank könnte er sicherlich mit einem goldenen Handschlag rechnen und überdies würden ihn die Einnahmen aus seinem Verkaufsschlager ganz sicherlich der Notwendigkeit entheben, künftig den Winter ohne Heizung, kalt duschen und tagtäglich Nudeln mit Hackfleisch essen zu müssen, wie er einst selbst propagierte.

  • D
    dietcoke82

    Wofür sind meine Eltern (mit mir auf den Schultern) vor 20 Jahren auf die Straße gegangen?

     

    Anscheinend dafür, daß jetzt wieder Leute, die unbequeme und kontroverse Meinungen äußern, durch Druck von oben aus ihrem Amt entfernt werden können.

    Auch, wenn diese Meinung juristisch völlig unstrittig als nicht verfassungsfeindlich oder anderweitig gesetzeswidrig bezeichnet werden muss.

     

    Absolute Frechheit in meinen Augen: Der Bundespräsident übt Druck auf die Bundesbank aus, sich von Sarrazin zu trennen...Der Bundespräsident ist per definitionem der Vertreter des deutschen VOLKES! Und sollte sich für die Interessen der Menschen einsetzen (müssen), die seit Wochen in allerlei Umfragen eine Zustimmung zwischen 80 und 100% zu den Thesen Sarrazins erkennen lassen und ihn gleichzeitig weiter da sehen wollen, wo er gerade ist. Wer ist eigentlich Christian Wulff?

    Bleibt festzustellen: Der Präsident, den sich der größere Teil des deutschen Volkes gewünscht hätte, wurde von der für die Rufe des Volkes tauben Politik nicht "gewählt". Er gibt momentan in Interviews den guten Verlierer.

     

    DDR im Spätstadium ab ´87, die politische Kaste inzwischen vollkommen losgelöst vom Stimmvieh und der Realität.

  • J
    JoelMeir

    Undank ist der Weltenlohn.

     

    Und da geht er, der Sarrazin dieser Tage. Man darf nicht mehr sagen was man denkt, was man fühlt oder meint.

     

    "Alles was sie jetzt sagen kann und wird gegen Sie verwendet werden."

     

    Wie wahr, Wie wahr.

  • C
    Chaser -Internet-Detective

    Liebe Leute,

    was wollt ihr denn? Der Mann (Sarrazin) packt endlich das an, was die Politik versäumt hat.

    Ein Rauswurf aus SPD und Bundesbank würde nur beweisen, dass deren Bosse nichts von Demokratie

    halten. Meinungsfreiheit gehört nun mal dazu. Und die müssen wir alle aushalten.

     

    Chaser die Internet Detestive