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Bund-Länder-Gipfel zu CoronaHalt dich an deinen Regeln fest

Die Mi­nis­ter­prä­si­den­t:in­nen und der Kanzler wollen die Coronamaßnahmen beibehalten. Radiowerbung soll Impfzahlen pushen.

The Masked Politican: Olaf Scholz zwischen Hendrik Wüst und Franziska Giffey am Montagabend Foto: Hannibal Hanschke/ap

Berlin dpa/afp/taz | Trotz des rasanten Anstiegs der Infektionszahlen wollen Bund und Länder die Coronamaßnahmen vorerst nicht verschärfen. Sie sehen im Moment aber auch keine Möglichkeit für Lockerungen. Man müsse unverändert vorsichtig bleiben, sagte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am Montagabend nach Beratungen mit den Ministerpräsidenten der Länder. Noch sei unklar, wie sich die Pandemie weiter entwickeln werde. Man werde bei Bedarf die notwendigen Entscheidungen treffen. „Jetzt aber gilt erst mal: Kurs halten!“

Bund und Länder beschlossen, weitergehende Schritte zur Infektionskontrolle zu vereinbaren, falls eine Überlastung des Gesundheitssystems droht. Darauf hatte am Samstag der Expertenrat der Bundesregierung gedrängt.

Zugleich vereinbarten sie, Öffnungsperspektiven für jenen Moment zu entwickeln, an dem eine Überlastung des Gesundheitssystems ausgeschlossen werden kann.

Bis dahin aber bleibt alles beim alten: So müssen etwa die Vereine der Fußball-Bundesliga und anderer deutscher Profiligen vorerst weiter auf eine große Zahl von Fans verzichten. In den Profiligen im Fußball, Handball, Basketball oder Eishockey bleibt es weitgehend bei Geisterspielen.

Berlins Regierungschefin Franziska Giffey (SPD) betonte, die Bund-Länder-Runde sei sich einig gewesen, „dass eine Lockerung der Maßnahmen zum jetzigen Zeitpunkt mit den entsprechenden Infektionszahlen nicht das Mittel der Wahl ist“. Es sei aber auch keine weitere Verschärfung angezeigt.

Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) hält frühestens im Februar eine Perspektive für Lockerungen der Coronaregeln für denkbar. „Wir konnten heute nichts versprechen, weil wir nach wie vor eine Situation haben, wo wir nicht abschätzen können, ob in einer Woche, in zwei Wochen oder in drei Wochen erst der Höhepunkt erreicht sein wird“, sagte Woidke nach den Beratungen der Länder-Regierungschefs.

„Wir sind aber sicher – das sagen auch die Experten -, dass im Februar der Höhepunkt erreicht sein kann und dass wir – wir treffen uns das nächste Mal am 16. Februar – dann wahrscheinlich auch über Öffnungen nicht nur reden, sondern hoffentlich auch Öffnungen beschließen können.“ Dafür müsse aber die Situation in den Krankenhäusern in den Blick genommen werden.

Scholz unzufrieden wegen sinkender Impfzahlen

Unzufrieden zeigte sich Bundeskanzler Scholz mit dem Fortschritt der Impfungen. Das Ziel von 30 Millionen Impfungen zwischen Weihnachten und Ende Januar sei nicht mehr zu halten, räumte der SPD-Politiker ein. „Man muss realistisch sein, das werden wir nicht mehr zielgerecht erreichen an dem Tag, wo ich mir das wünschen würde“, sagte er.

Nach 30 Millionen Impfungen vor Weihnachten hatte Scholz als neues Ziel weitere 30 Millionen Impfungen bis Ende Januar ausgegeben. Doch seit den Feiertagen wird lange nicht mehr so viel geimpft wie davor. Es laufe „nicht in dem Tempo, das notwendig wäre“, sagte Scholz. Nach einem ersten Scholz-Appell waren von Mitte Dezember bis Heiligabend tatsächlich 30 Millionen Impfungen verabreicht worden. Seither sind aber nur noch rund 15 Millionen weitere hinzugekommen.

Die knapp über 75 Prozent bei den Erstimpfungen seien nicht genug und auch beim Boostern müssten die Anstrengungen verstärkt werden, sagte Scholz. Zur Erhöhung der Impfquote in Deutschland wolle die Bundesregierung nun noch stärker als bisher für den Impfschutz werben. Neben Plakaten mit der Motto-Aufschrift „Impfen hilft“ solle es nun auch verstärkt Aufrufe im Radio und auch auf Social-Media-Plattformen geben.

NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) dringt derweil weiter auf eine allgemeine Impfpflicht. „Wir kommen nur raus aus den ständigen Wiederholungen von Lockdown und Lockerungen, wenn mehr Menschen geimpft sind“, sagte Wüst.

Priorisierung bei PCR-Tests beschlossen

Bund und Länder beschlossen, die begrenzten Kapazitäten für PCR-Tests zu erhöhen. Dazu müssten alle Anstrengungen unternommen werden, heißt es in ihrem Beschluss. Zugleich wurde festgehalten, dass es bei auftretenden Engpässen unabdingbar sei, Priorisierungen vorzunehmen. Darauf hatte in der vergangenen Woche der Verband der Labore gedrängt.

Die Länder nahmen den Beschluss der Gesundheitsministerkonferenz zur Kenntnis, die begrenzt verfügbaren PCR-Tests auf besonders gefährdete, vulnerable Gruppen zu konzentrieren sowie auf Beschäftigte, die diese betreuen und behandeln. Es handele sich um das Personal insbesondere in Krankenhäusern, in Praxen, in der Pflege, in Einrichtungen der Eingliederungshilfe und für Personen mit dem Risiko schwerer Krankheitsverläufe.

Bei diesen soll demnach ein Verdacht auf eine Corona-Infektion weiterhin durch einen PCR-Test abgeklärt werden. Ebenso sollen PCR-Tests für Hochrisikopatientinnen und -patienten eingesetzt werden, um eine frühzeitige Behandlung zu ermöglichen.

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1 Kommentar

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  • Sie sind ratlos da oben, haben kaum noch etwas zu sagen und können nur Hoffnung verbreiten. Wie ist es dazu gekommen ? Wie konnte es geschehen, dass immer neue Variationen der Seuche uns und den da oben unsere und ihre Freiheit nahmen? Das Beispiel Tonga -gerade in den Schlagzeilen, weil sie weit entfernt vom Rest der Übrigen von einer Tsunami-Welle überspült wurden, was jetzt erst peu á peu bekannt wird- macht deutlich: Die Menschen dort waren clean vom Virus, abgeschottet von der Mobilität und einem Bewegungsdrang kapitalistisch entwickelten Zusammenlebens. Die chinesischen Führer kannten keine Tabus und erkannten, wie sie das Schlimmste verhindern könnten und waren dort, wo sich diese Pandemie am Verheerendsten ausgewirkt hätte, mit ihren drastischen Notmassnahmen sofort zur Stelle und der Erfolg, sehr viele Menschen zu retten gab ihnen Recht. Völlig egal, ob es Zwang oder Zivilcourage war, die Gegenwehr verhinderte. Wir erleben den Nachteil einer offenen Gesellschaft, die Freiheiten läßt und nicht jede*n gleichermassen mitnimmt, aber ein Mindestmaß an Einsicht zugunsten der Gesellschaft erwartet. Aber bloß keine Verbote oder gar Zwang !!! Da ist der Ruf nach Freiheit und 'weiter so' lauter als die Einsicht in die Notwendigkeiten, die uns retten könnte, sei es beim Klima oder der Gesundheit, Kubicki & Co wollen gehört und gefragt werden. So geben wir uns dieser Lebensform hin, versuchen weiter unser Glück auf angeblich sicheren Kreuzfahrten, erlauben, in Truppentransportern in Länder zu flüchten, wo es zwar schlimm sein könnte, aber weniger schlimm als hierzulande. Jeder bleibt in seiner Entscheidungsfreiheit, einem Jammertal, zurück und kein Politiker mag dem widersprechen, auch wenn Wissenschaftler beschreiben können, was uns droht. Sind wir uns in dem Glauben, alles managen und überstehen zu können, selbst im Weg ? Wir erleben (jetzt erst?) mit dem Aufkommen von Querdenkern und Faschisten, wie viele sich in diesem System nicht wohlfühlen können.