: Büros verursachen eine Gänsehaut
Im Wunsch, Stadtviertel wieder zu beleben, treffen sich Immobilienfonds und städtische Wohnungsunternehmen – aus unterschiedlichen Interessen ■ Von Gernot Knödler
Hätten Sie es gedacht? Das Zeitalter der Informationstechnologie ist bereits vorüber, das Konjunkturzeitalter der „psychosozialen Gesundheit“ ist angebrochen. Sich wohlfühlen, einen Ausgleich zum wachsenden Stress bei der Arbeit finden, seelische Harmonie und körperliche Gesundheit erlangen – für Jürgen Ehrlich, Vorstandsmitglied der Deutschen Immobilien-Fonds AG (Difa), sind das die Leitprodukte des neuen großen 50-Jahres-Konjunktur-Zyklus der Weltwirtschaft. Wie bei einer Podiumsdiskussion am Dienstag Abend im Architektur-Centrum deutlich wurde, versucht das die Difa mit einer neuen Art von Investitionsprojekten ebenso zu verwirklichen wie unter einem anderen Vorzeichen die städtischen Wohnungsunternehmen. Ehrlich zufolge hat „Deutschlands zweitgrößter offener Immobilienfonds“ eine Gänsehaut bei dem Gedanken bekommen, das ganze Geld seiner AnlegerInnen in schlichte Bürobauten zu investieren.
Der Kaufmann und seine Kollegen zogen daraus den Schluss, dass sie mit den Büros zusätzliche Qualitäten verbinden müssten, um beim Kampf um die MieterInnen die Nase vorn zu haben. Die Idee des „City-Quartiers“ war geboren. Leben, Arbeiten, Einkaufen, Erleben, Gesundheit – all das sollte in einem Objekt angeboten werden. Ein Beispiel dafür entsteht zurzeit in dem Block zwischen der Caffamacherreihe, dem Valentinskamp sowie der ABC- und der Neuen ABC-Straße unter dem Titel „ABC-Markt“.
Der Fonds hat in den vergangenen Jahren den größten Teil des Blocks gekauft, Gebäude abgerissen und zum Teil neue Häuser, wie den „Ansgarhof“ am Valentinskamp errichtet. Die Höfe wurden zum Teil parkähnlich umgestaltet und für Passanten geöffnet. „Im Sommer sitzen häufig Leute auf den Bänken, um sich auszuruhen“, sagte Difa-Pressesprecher Manfred Lohr.
7000 von insgesamt 49.000 Quadratmetern Nutzfläche sind Wohnungen vorbehalten – eine Auflage der Stadt, die die Difa mit wachsender Begeisterung erfüllt. Denn die MieterInnen sollen den Block beleben, ihn zu einem lebendigen Teil der Stadt machen, ebenso wie die Läden im Erdgeschoss, die geplanten Cafés und Restaurants sowie der Markt, den die Difa gerne in ihr Objekt holen würde.
Die Wohnungen im ABC-Markt sind Lohr zufolge durchaus unterschiedlich: Während die Miete in den Ansgar-Häusern am Valentinskamp, die die Difa zum Teil übernommen hat, maximal zehn Mark pro Quadratmeter beträgt, lebt es sich im „Doorman“-Haus im ABC-Block mit 25 Mark weitaus teurer. Dafür wacht ein Concierge am Eingang und erldedigt kleine Dienste für die BewohnerInnen.
Auch die Saga hat in einige ihrer Häuser PförtnerInnen gesetzt, allerdings aus einem anderen Grund: Sie sollen Vandalismus und Verschmutzungen verhindern und dem Wohnen in den Hochhäusern seine Anonymität nehmen. An die Pförtnerlogen der Saga sind Gemeinschaftsräume angegliedert, in denen die HausbewohnerInnen gemeinsam feiern können. Wie Saga-Vorstandsmitglied Willi Hoppenstedt im Architektur-Centrum berichtete, funktioniert das Konzept.
Pförtner, kleine Geschäfte, Nachbarschaftstreffs und Parks sind zwar auch für Saga und GWG ein Mittel um Kunden, sprich: Mieter, zu gewinnen. Im Vordergrund steht allerdings der Versuch, eine Entmischung der Wohnviertel zu verhindern. Denn die Kluft zwischen Arm und Reich wächst und Hoppenstedt will vermeiden, „dass wir irgendwann einen Stracheldraht ziehen müssen um bestimmte Viertel“.
Aus dem selben Grund haben Saga und GWG mit der Stadt einen Belegungsvertrag geschlossen, der es ihnen erlaubt, Wohlhabende in Sozialwohnungen einziehen zu lassen, sofern sie im Gegenzug dafür einen Bedürftigen in eine normale Wohnung einziehen lassen. Die städtischen Wohnungsunternehmen versuchen auf diese Weise, MieterInnen mit ganz unterschiedlichem Einkommen und Status im selben Gebäude oder Viertel zusammen zu bringen, so dass die Nachbarschaftsgesellschaft auch künftig funktioniert. Ein Viertel, das nicht nur als Schlafstadt fungiert, erleichtert das ungemein.
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