„Bürgerwehr“ in Eisenhüttenstadt: Neonazis als Hilfssheriffs
In Eisenhüttenstadt arbeiten die Behörden mit einer „Bürgerwehr“ zusammen. Nun stellt sich heraus, dass in der Gruppe auch Neonazis aktiv sind.
POTSDAM dpa | Der partnerschaftliche Umgang der Brandenburger Polizei mit sogenannten Bürgerwehren erweist sich im Fall Eisenhüttenstadt als problematisch. Der Grund sind Rechtsextreme, die sich in den Zivilstreifen zur Kriminalitätsbekämpfung tummeln. Das geht aus einer Antwort von Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD) auf eine parlamentarische Anfrage der Sozialdemokraten im Potsdamer Landtag hervor.
Darin bestätigte Schröter Medienberichte, wonach in der „Bürgerwehr Eisenhüttenstadt“ örtliche Neonazis aktiv sind. In der Bürgerwehr befänden sich Personen, die in der Vergangenheit „mit rechtsextremistischen Aktivitäten aufgefallen sind“, erklärte Schröter. Bekannt seien dem Ministerium auch Einträge im sozialen Netzwerk Facebook, die auf eine rechtsradikale Einstellung einzelner Mitglieder schließen ließen. Polizeiliche Ermittlungsverfahren seien aber bislang nicht eingeleitet worden.
Die Facebookgruppe „Bürgerwehr Eisenhüttenstadt“ hat laut Innenministerium derzeit rund 600 Mitglieder. Medien berichteten wiederholt von rassistischen und fremdenfeindlichen Beiträgen. In Eisenhüttenstadt befindet sich die Zentrale Aufnahmeeinrichtung des Landes für Flüchtlinge.
Sogenannte Bürgerwehren gibt es in verschiedenen Landkreisen in Brandenburg, vor allem in der Grenzregion zu Polen. Dort sorgen steigende Diebstahls- und Einbruchszahlen für Ärger in der Bevölkerung. Einige der Gruppierungen führen sich nach Beobachtung des Innenministeriums als „Hilfssheriffs“ auf. Strategie der Behörden war aber bisher, die Bürgerwehren als „Sicherheitspartner“ bei der Kriminalitätsbekämpfung zu gewinnen.
Bundesweit gibt es ähnliche Kooperationen. In Nordrhein-Westfalen läuft sie unter dem Namen Ordnungspartnerschaft und ist mit Brandenburgs Konzept vergleichbar. Ähnlich angelegt ist auch die bayerische Sicherheitswacht. In Baden-Württemberg dagegen gibt es einen freiwilligen Polizeidienst, wo die Mitglieder Uniform tragen.
Grundlage der Zusammenarbeit von Polizei und Initiativen in Brandenburg ist ein Erlass zur „Kommunalen Kriminalitätsverhütung“ (KVV). Er regelt Zuständigkeiten, Zusammenarbeit und Teilnahme. Die ehrenamtlichen Mitarbeiter werden von den Einwohnern vorgeschlagen und von der Polizei überprüft. In einem Fragebogen müssen sie beispielsweise beantworten, ob sie vorbestraft sind, in der DDR für die Staatssicherheit tätig waren oder einen Waffenschein besitzen.
Leser*innenkommentare
4845 (Profil gelöscht)
Gast
Wär hatte das denn gedacht...
TO_PAs
Was soll das Theater der Doppelstandarts -in Kiew ist ein bekennender Nazi zum Polizeichef ernannt worden- und das ist für die TAZ keine Silbe wert...
John Doe
Welche rechtliche Grundlage haben denn diese Bürgerwehren überhaupt? Klar dürfte sein, dass sie keinerlei polizeiliche Befugnisse haben, also allenfalls nach dem Jedermannsrecht (§127.1 StPO) handeln dürfen.
Meines Wissens muss man aber als Zivilstreife (City-Streife) eine behördliche Bewachungserlaubnis nach §34a GewO haben, die man nur bekommt, wenn man ein sauberes "großes" Führungszeugnis hat und nachdem man die dafür notwendige Sachkundeprüfung abgelegt hat.
oliberlin
@John Doe Auch mit der behördlichen Bewachungserlaubnis hätten die Herrschaften auf öffentlicher Straße nicht mehr Rechte. Der Sachkundenachweis nach § 34 GewO verleiht einem schließlich keine polizeilichen Befugnisse, und das ist auch gut so. Allerdings wird bei privatem Sicherheitspersonal auch kein »großes« Führungszeugnis verlangt, das normale , private FZ reicht idR. aus.
DasNiveau
@John Doe >Personen, die in der Vergangenheit „mit rechtsextremistischen Aktivitäten aufgefallen sind“