Bürgerschaftswahl in Bremen: Jugendliche wählen als ob

Unter 16-Jährige konnten symbolisch für die Bremer Bürgerschaftswahl Stimmen abgeben. Besonders die Linke hat dabei verloren. Wahlalter umstritten.

Ein Mädchen füllt einen Wahlzettel aus

Übung nicht in aber für die Demokratie: Kinder- und Jugendwahl Foto: Stephanie Pilick/dpa

BREMEN taz | So wählen junge Bremer*innen, die es noch nicht dürfen: Bei 480 gültigen Wahlzetteln stimmten 34 Prozent für die SPD, ähnlich wie vor vier Jahren. 16 Prozent der Stimmen gingen sowohl an die Grünen als auch an die CDU. Die Linke verlor sechs Prozentpunkte im Vergleich zu 2019 und landete bei zwölf Prozent. Die FDP erzielte sechs Prozent der Stimmen, knapp gefolgt von der Tierschutzpartei mit fünf Prozent.

Das Projekt U16-Wahl hat letzte Woche in Bremen und Bremerhaven stattgefunden –wie die echten Wahlen, nur ein bisschen einfacher, und alle dürfen mitmachen, unabhängig von Alter und Staatsbürgerschaft. Unter 16-Jährige konnten für eine der 15 bei den Bürgerschaftswahlen angetretenen Parteien ihre Zweitstimme abgeben.

In allen Stadtteilen hatten Freizeiteinrichtungen, Jugendgruppen und Vereine eine Woche lang 17 kleine Wahllokale aufgebaut. Mit dem politischen Planspiel simuliert der Bremer Jugendring die anstehende Bürgerschaftswahl so authentisch wie möglich. Getragen wird das Projekt vom Deutschen Kindershilfswerk, dem Deutschen Bundesjugendring und anderen Jugendverbänden.

Marcel (15) aus Gröpelingen und Kevin (15) aus Oslebshausen haben am Freitag in ihrer Schule, der Oberschule im Park, gewählt. „Beim Wahl-O-Mat ist mir aufgefallen, dass ich nicht will, dass es nur bald nur noch E-Autos gibt,“ sagt Kevin. „Wenn ich älter bin, möchte ich Motorrad fahren; ohne richtigen Motor würde das gar keinen Spaß machen.“ Marcel nickt. Sie hätten auch nichts dagegen, wenn der 8. März – der Frauentag – ein Feiertag würde.

Herzstück der Demokratie

Bei der nächsten Bürgerschaftswahl wären sie 19 Jahre alt, ob sie wieder wählen würden? „Doch, auf jeden Fall, das mit den Autos beschäftigt mich, dafür will ich mich einsetzen,“ sagt Kevin. Marcel ist sich nicht sicher: „Politik interessiert mich eigentlich überhaupt nicht, aber wer weiß, was in vier Jahren ist.“

Die Jugendverbände bemühen sich um größtmögliche Öffentlichkeit für die nicht-repräsentativen Wahlergebnisse. Doch einen direkten politischen Einfluss haben sie nicht – das ist auch nicht das erklärte Ziel. In erster Linie sind die U16- und U18-Wahlen ein Projekt der politischen Bildung, bei dem Jugendliche erste praktische Erfahrungen mit dem Wahlakt sammeln können.

„Zu wählen ist das Herzstück der Demokratie,“ sagt Joris Immenhauser vom Bremer Jugendring. „Deshalb ist es enorm wichtig, dass auch Noch-Nicht-Wähler*innen das Gefühl bekommen, dass ihre Stimme zählt, sie Teil dieser Gesellschaft sind.“

Das richtige Wahlalter ist politisch hoch umstritten. Junge Menschen sind von politischen Entscheidungen oft stark betroffen, können aber nur sehr begrenzt Einfluss nehmen. Durch den demografischen Wandel verschiebt sich die politische Macht zudem auf die Generation über 50.

Durch den demografischen Wandel verschiebt sich die politische Macht auf die Generation über 50

Eine Studie der gewerkschaftsnahen Otto-Brenner-Stiftung kritisiert die Regeln zum Wahlalter als „Flickenteppich“: Kommunalwahlen für Minderjährige gibt es seit Mitte der 90er-Jahre in elf Bundesländern. Dass Jugendliche ab 16 in Bremen auch den Landtag wählen dürfen, ist aber eher die Ausnahme. Bremen war 2011 Vorreiter, seither folgten Hamburg, Brandenburg, Schleswig-Holstein und Baden-Württemberg.

Ab dem kommenden Jahr dürfen Jugendliche ab 16 auch bei der Europawahl abstimmen, hat der Bundestag im November 2022 beschlossen. Noch ist unklar, ob das Wahlalter für die nächste Bundestagswahl auf 16 Jahre gesenkt wird. Diese Änderung würde als Verfassungsreform eine Zweidrittel-Mehrheit im Bundestag erfordern. Bisher stellt sich die CDU quer. Laut einem Zwischenbericht der Wahlrechtskommission spräche verfassungsrechtlich nichts dagegen.

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