■ Türkei: Die neue antiislamistische Frontregierung steht: Bürgerliche Restauration
Die neue türkische Regierung unter Mesut Yilmaz steht. Sie ist die politische Antwort der bürgerlichen Kräfte auf den Islamisten Erbakan, der Hand in Hand mit der korrupten Çiller fast ein Jahr lang das Land regierte. Die Regierung Yilmaz ist eine Frontregierung bürgerlicher Restauration wider die Islamisten. Ohne Umschweife gibt Yilmaz zu, warum es diese Regierung überhaupt gibt: wegen der Ministerpräsidentschaft Erbakans, der das Land in eine „System- und Staatskrise“ gestürzt habe, weil er die Militärs zum Narren hielt, ihnen stets Honig um den Mund schmierte, aber deren Weisungen nicht folgte.
Die Regierung Yilmaz wird von kurzer Dauer sein. Nur mit den Stimmen von Deniz Baykals Republikanischer Volkspartei, der die Regierung von außen stützt, findet die Minderheitenkoalition eine Mehrheit. Und Baykal rüstet schon für Neuwahlen. Erst nach diesen wird sich herausstellen, ob die bürgerliche Restauration auch eine politische Basis in der Bevölkerung und nicht nur im Generalstab hat. Die Regierung Yilmaz wird weder die Armut noch die Inflation beseitigen. In den Kurdenregionen wird alles beim alten bleiben. Wer meint, daß Treue zum Staat und zum Militär, die Feindschaft gegenüber den Islamisten und säkulare Lippenbekenntnisse ausreichen für Wahlerfolge, der täuscht sich. Yilmaz verwechselt Ursache und Folge. Die Krise des Systems hat Erbakan hervorgebracht und nicht umgekehrt. Er sollte sich nicht zu früh freuen, auch wenn die Börse jubelt und die Zinsen heruntergehen, seit er mit der Regierungsbildung beauftragt ist.
Doch auch Erbakan muß in den Oppositionsbänken aufpassen – nicht nur wegen des Verbotsantrags gegen seine Partei vor dem Verfassunggericht. Erbakan ist nicht mehr unbefleckt. Der Satz eines islamistischen Abgeordneten, daß die Generäle gegen den „Wind pissen“, könnte sich auch bewahrheiten, wenn man die Wohlfahrtspartei zum urinierenden Subjekt erklärt. Die totalitäre Mißachtung breiter säkularer Bevölkerungsschichten während Erbakans zwölfmonatiger Regierungszeit hat dem demokratischen Image der Partei schweren Schaden zugefügt.
Ein Gutes bringt die Regierung Yilmaz dennoch: Die Politikerin Tansu Çiller, die noch nie auf den Oppositionsbänken saß, wird endlich von der politischen Bühne verschwinden. Sie hat nur die Macht gekannt. Von der Macht gedrängt, löst sie sich in Luft auf. Ömer Erzeren
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