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Bürgerkrieg in SyrienMassaker an Frauen und Kindern

In der syrischen Stadt Homs sollen Milizionäre von Assad Frauen und Kinder erstochen und erwürgt haben. Der Syrische Nationalrat fordert die Einrichtung einer sicheren Zone.

Anti-Assad-Demo in Homs am Freitag, vor den Massakern. Bild: reuters

BEIRUT dpa/rtr/afp | In der syrischen Widerstandshochburg Homs haben die Truppen von Präsident Baschar al-Assad nach Informationen von Aktivisten 57 Zivilisten massakriert. Die Regime zeigten am Montag Videoaufnahmen von Kindern und Frauen, die in dem Viertel Karam al-Seitun mit Messern getötet worden sein sollen. Weitere 24 Menschen sollen am Wochenende bei der Flucht aus der Stadt Idlib getötet worden sein.

„Die Leichen von mindestens 26 Kindern und 21 Frauen sind in den Vierteln Karm al-Seitun und Al-Adawije gefunden worden, einige mit durchschnittener Kehle, andere erstochen“, berichtete am Montag Hadi Abdallah, örtliches Mitglied der „Generalkommission der syrischen Revolution“. Das Blutbad sei am Sonntag von Mitgliedern der Schabiha begangen worden, bewaffnete Milizionäre von Präsident Baschar al-Assad.

Die Leichen seien am Sonntagabend gefunden worden. Insgesamt starben den Angaben zufolge 28 Kinder, 23 Frauen und 6 Männer. Ein Arzt aus Homs, den der Nachrichtensender Al-Arabija am Montag interviewte, berichtete außerdem von zahlreichen Vergewaltigungen.

Der Arzt sagte, es fehle an medizinischen Hilfsmitteln, um Dutzende Verletzte zu behandeln. Die syrische Opposition rief er auf, endlich mehr Einigkeit zu zeigen. Erst dann werde sich die internationale Gemeinschaft zu einem entschlossenen Vorgehen gegen die Menschenrechtsverletzungen des Assad-Regimes durchringen, sagte er. Andernfalls drohe ein Völkermord wie einst in Ruanda.

Familie von Funktionären im Ausland

Weitere 24 Zivilisten sollen nach Angaben der Opposition in der Nacht zu Montag getötet worden sein, als sie versuchten, die Stadt Idlib zu verlassen. In einem Dorf im Bezirk Dschabal al-Sawija (Provinz Idlib) seien am Sonntagabend 35 Zivilisten „als Geiseln genommen worden“. Die Regierungstruppen hätten damit gedroht, das Dorf Ain Laros erneut anzugreifen, wenn sich die Bewohner des Bezirks weigern sollten, Deserteure auszuliefern, die sich dort versteckt haben sollen. Von unabhängiger Seite sind derartige Berichte nur schwer zu überprüfen, weil Syrien keine freie Berichterstattung der Presse erlaubt.

Das regimekritische unabhängige syrische Nachrichtenportal All4Syria meldete unterdessen, mehrere hochrangige Funktionäre aus dem Sicherheitsapparat und Beschäftigte des staatlichen Fernsehens hätten ihre Familie in den vergangenen Wochen ins Ausland geschickt. Um nicht aufzufallen, hätten sie bei den Behörden um Ausreisegenehmigungen, „zum Zweck der medizinischen Behandlung“ ersucht. Einige der Funktionäre hätten Bestechungsgelder bezahlt, um die Ausreise ihrer Angehörigen sicherzustellen. Regierungsbeamte, die sich der Revolution angeschlossen haben, hatten zuvor berichtet, für Funktionsträger sei eine Ausreisesperre verhängt worden.

Nach den jüngsten Massakern in der Stadt Homs hat der Syrische Nationalrat (SNC) die Einrichtung einer sogenannten sicheren Zone in Syrien gefordert. Angesichts der jüngten Verbrechen des Regimes in Homs sei es notwendig, die Stadt und die umliegenden Gebiete zu schützen. Die Arabische Liga, die Vereinten Nationen und die Organisation der islamischen Staaten müssten dringend einschreiten, um das Töten zu beenden.

Im Libyenkonflikt hatte die Nato im vergangenen Jahr das von Oppositionellen kontrollierte Gebiet im Osten des Landes mit Luftangriffen vor dem Zugriff der Truppen des Diktators Muammar al-Gaddafi geschützt. Für einen vergleichbaren Einsatz in Syrien gibt es bislang kein UN-Mandat.

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6 Kommentare

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  • B
    Beobachter

    @Toddi: sehe ich genauso.

     

    Der Westen und seine Schergen setzen auf die salvadorianische Karte (CIA-Jargon für prowestliche Todesschwadronen, die Blutbäder anrichten und es dem jeweiligen unbotmäßigen Regime in die Schuhe schieben).

     

    CIA, Mossad und andere Dienste haben da mit Sicherheit ihre Finger im Spiel.

     

    Soll allerdings nicht heißen, dass Assad ein wahrer Demokrat wäre.

     

    Es ist und bleibt ein übler Polizeistaat auch unter Assad jun. Es ist aber nicht an ausländischen Mächten, sich da einzumischen und ihr eigenes Süppchen da zu kochen!

  • A
    Ant-iPod

    @toddi:

     

    Ist das Ihr ernst? - Sie zitieren RIA Novosti, die sich auf die SANA berufen - die staatliche, syrische Nachrichtenagentur?

     

    Was die sagen, glauben sie????? Wollen Sie mich auf den Arm nehmen????????????

     

    Die beschreiben Wochenlang, in Homs ist alles in Ordnung, man würde sich lediglich um ein paar bewaffnete Banden kümmern - und dann, nachdem sich die FSA, ob des übermäßig brutalen Einsatzes der Assad-Armee, aus Baba-Amr zurückgezogen hat, zeigen sie einen zerstörten Stadtteil.

    Wie sollen "bewaffnete Banden" eine solche Zerstörung angerichtet haben - ohne Panzer und Artillerie????

     

    Ohne jetzt die unzähligen Beispiele aufzuzählen, an denen die SANA hanbüschende Lügen verbreitet hat, was ist wohl wahrscheinlicher:

    a) Eine Unzahl von Videos auf Youtube und Facebook aus allen Teilen Syriens, die teilweise Direktaufnahmen von Kampfpanzern im Gefecht zeigen und die Toten und Verwundeten unter der Zivilbevölkerung und der FSA - gedreht und bereitgestellt von Menschen, die nach einem Ende der Diktatur rufen - zeigt dies die Wahrheit?

    oder b) Die Aussagen einer Nachrichtenagentur, die wie die 17 Geheimdienste der Regierung direkt unterstellt ist und in deren Auftrag arbeitet. Eine Regierung, die bsw. durch die so genannte "neue Verfassung" eindrucksvoll bewiesen hat, dass sie an Demokratie nicht das geringste Interesse hegt. Eine Regierung in deren Berichterstattung die Massendemonstrationen der Opposition gar nicht vorkommen - obwohl sie nicht erklärt, woher denn die Aufnahmen der Massendemonstrationen kommen?

    Eine Regierung, die keinen einzigen Kommandeur, Geheimdienstler oder Soldaten vor Gericht stellt, ob der Verfehlungen, bsw. in Städten wie Darraa oder Homs, oder Idlib.

     

    Was ist wohl glaubwürdiger?

    Das 137 Nationen eine Meinung haben, oder das Russland und Assad eine andere Meinung haben und China es eigentlich egal ist, sie aber nach der Libyenerfahrung keinen Freifahrtschein mehr erteilen wollen - demokratisch legitmiert, wie die Chinesische Regierung ist....

    Sind diese 137 Nationen alle doof? unwissend? desinformiert und nur und ausgerechnet Russland weis wie es wirklich ist?

     

    Russland verspielt gerade sein langfristiges, strategisches Interesse in der arabischen Welt. Das darf es gerne - aber verstehen muss ich das nicht, oder?

     

    Sie bringen nicht ein Argument, warum man Assad nach all den leeren Versprechungen noch glauben schenken sollte.

  • T
    toddi

    Ein Verdacht der sich bei der klassischen Frage " Wem nützt es" schon lange stellte, erhärtet sich mehr und mehr. Und vor dem Hintergrund der vorsichtigen Annäherung von Russen und Arabern zu einer ausgeglichenen Resolution und damit einer Chance auf eine friedlichen Lösung im Interesse der Mehrheit des Syrischen Volkes, lässt das Islamisten- und westhörige Auslands“syrer“pack (entschuldige der sogenannte syrische Nationalrat) endlich die Maske fallen und hat, nicht zuletzt vor dem Hintergrund des militärischen Debakels der "FSA", die arabischen Länder und den Westen am Montag zu einer militärischen Invasion in Syrien aufgerufen.

    Im Rahmen dieser Kampagne passt diese schlüssige Information besser zu den syrischen Realitäten.

    Zitat:

    KAIRO, 12. März (RIA Novosti).

    Terroristen in Syrien entführen und töten friedliche Zivilisten, um die Lage im Land zu destabilisieren, die syrische Armee in Misskredit zu bringen und die internationale Gemeinschaft auf eigene Seite zu gewinnen.

    Das meldete die Nachrichtenagentur Sana am Montag unter Berufung auf nicht genannte Quellen im Informationsministerium Syriens. "Getötete Geiseln - Einwohner der Stadt Homs -, deren Bilder in letzter Zeit von internationalen Satellitensendern mit Kommentaren ausgestrahlt werden, dies seien Opfer des syrischen Militärs, waren in Wirklichkeit von den Terroristen gekidnappt und ermordet worden. Danach wurden die Leichen heimlich in Regionen gebracht, wo sich die syrische Armee befindet", hieß es."Wir kämpfen gegen die Gewalt bewaffneter Terrorgruppen… Arabische Fernsehsender wie El Jazeera oder Al Arabiya nutzen Freischärler als ihre 'Korrespondenten' in den von den Terroristen kontrollierten Gebieten, wo derartige Verbrechen begangen werden", hieß es.

    Die Angaben der syrischen Behörden werden auch von Bewohnern in Homs bestätigt, die auf den ausgestrahlten Bildern nicht selten ihre von den Terroristen vor Wochen getöteten Angehörigen oder Bekannte identifizieren. "Menschen wollen ihre Häuser aus Angst nicht verlassen, von den Terroristen auf ähnliche Weise getötet zu werden", sagte ein Bewohner von Homs." Zitat Ende

  • A
    Ant-iPod

    Liebe taz,

     

    aus vielen Kommentaren kennt Ihr meine Meinung zu diesem Thema.

    Wäre es journalistisch nicht einmal eine positive Herausforderung, die Fluglisten aus Syrien zu überprüfen und auf die Namen dieser Funktionärsfamilien hin zu untersuchen? Ich meine, man könnte all den Zweiflern, die Eure Berichterstattung für agitatorische Propaganda halten, die Euch beschimpfen, ihr würdet in Syrien einen Bürgerkrieg beschreiben, den es entweder gar nicht gäbe, oder der nur durch solche Berichterstattung forciert wird etc.etc. - wenn ihr diese Leute durch Belege - bsw. der IATA - mit Beweisen widerlegen könntet...

     

    Das wäre einerseits eine gute journalistische Leistung und andererseits würden die Speichellecker von Assad dann hoffentlich endlich Ruhe geben... wenn die Beweise glaubwürdig erbracht werden.

     

    Danke im Voraus ;-)

  • T
    topal

    die Berichterstattung über Syrien ist selbst in der Süddeutschen ausgewogener als in der TAZ

    dort wird wenigstens noch die Darstellung seitens der syrischen Regierung erwähnt - von Hintergrundinformation ist dort allerdings auch nichts zu lesen...

     

    mein Gott - wo ist der Journalismus hingekommen....

    irgendwer in den Redaktionen muss doch merken wie man auf diese Art Schuld auf sich lädt.

    http://www.sueddeutsche.de/politik/gewalt-in-syrien-dutzende-zivilisten-in-homs-massakriert-1.1306600

  • M
    Mann

    Meinentwegen schreibt, dass es Männer waren, die gemordet haben, falls es so war.

    Doch wozu die Betonung, die getöteten seien "Frauen und Kinder"? Ist ein ermorderter Mann weniger wert?