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Bürgerkrieg in SyrienRegime will angeblich reden

Die syrische Regierung erklärte sich bereit für einen Dialog, der türkische Ministerpräsident Erdogan ruft Assad zum Rücktritt auf. Brahimi hat einen neuen Plan.

Rebellen in Aleppo Bild: reuters

DAMASKUS/BERLIN dapd/afp | Die syrische Regierung ist nach eigenen Angaben offen für einen Dialog, um einen Ausweg aus dem anhaltenden Konflikt im Land zu finden. „Die Regierung unterstützt das Projekt zur nationalen Aussöhnung und begrüßt jede regionale oder internationale Initiative für eine Lösung der Krise durch Dialog und mit friedlichen Mitteln ohne Einmischung von außen“, sagte Ministerpräsident Wael al-Halaki am Montag vor dem Parlament.

Syrien werde seine Angelegenheiten selbst und ohne „Druck aus dem Ausland“ regeln und bewege sich auf den „historischen Moment des Sieges über seine Feinde“ zu.

Die Türkei erhöht indes den Druck auf das Regime im Nachbarland Syrien. Abermals rief der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan den syrischen Staatschef Baschar al Assad zum Rücktritt auf. Mehr als 100 Länder hätten bereits die oppositionelle Syrische Nationalkoalition als legitimen Vertreter des syrischen Volkes anerkannt, sagte Erdogan am Sonntag in einer Rede in dem Grenzort Akcakale.

„Das bedeutet, dass mehr als 100 Staaten Assad nicht länger anerkennen. Das bedeutet, dass Assad gehen muss“, zitierte die türkische Nachrichtenagentur Anadolu den Regierungschef. „Führer, die von ihrem Volk nicht mehr akzeptiert werden, können nicht an der Macht bleiben“, unterstrich er.

Am Sonntag hatte der Syrien-Gesandte Lakhdar Brahimi erklärt, er habe einen neuen Plan für eine politische Lösung des Konflikts, der von der internationalen Gemeinschaft angenommen werden könnte. Konkrete Angaben zu dem Plan machte er nicht. Dieser basiert laut Brahimi aber auf der Genfer Übereinkunft, die Ende Juni von der Aktionsgruppe für Syrien vereinbart worden war und einen Waffenstillstand, die Bildung einer Übergangsregierung sowie einen Plan zur Abhaltung von Wahlen vorsieht.

In einem Viertel der Hauptstadt Damaskus wurden unterdessen nach Aktivistenangaben 30 Leichen mit Folterspuren entdeckt. Wie die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte am Montag mitteilte, wurden die Leichen am Sonntag im Stadtteil Barse gefunden. Eine andere Aktivistengruppe, die Generalkommission der syrischen Revolution, bezifferte die Zahl der Leichen sogar auf etwa 50. Die Köpfe seien abgetrennt und so verstümmelt worden, das eine Identifizierung nicht möglich sei. Eine unabhängige Bestätigung der Angaben war nicht möglich.

Auch am Montag gingen die Kämpfe in Syrien unvermindert weiter. Die Regierungstruppen bombardierten nach Aktivistenangaben Gebiete um Damaskus und zogen Truppen um den von Rebellen gehaltenen Vorort Daraja zusammen. Laut der Beobachtungsstelle wurden allein am Sonntag 160 Menschen bei den landesweiten Kämpfen getötet. Schätzungen zufolge starben in dem seit März 2011 anhaltenden Konflikt zwischen Aufständischen und der Führung in Damaskus bereits mehr als 45.000 Menschen.

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6 Kommentare

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  • G
    Gonzi

    Ich bin beeindruckt wie die Berliner Regierung so lautstark und nachdrücklich den Herrn Brahimi unterstützt !

     

    Haben Sie auch schon davon was gehört?

  • HS
    Hari Seldon

    Die Situation in Syrien und die Vorgehensweise der Türkey zeigt ganz deutlich, dass Türkey definitiv NICHT zu Europe gehört, und hat nichts in der EU zu suchen. Patriots für die Türkey: Bis jetzt waren türkische Kampfjets im Luftraum von Syrien, und nicht umgekehert. Aus dieser Grund wäre die Lieferung der modernsten Luftabwehrsysteme für Syrien viel mehr begründet. Es ist auch kein Zufall, dass die fremdfinanzierten Kopfabschneider (pardon, "Freiheitskämpfer") auf jeden Preis einen Flughafen in Syrien erobern wollen. Aber die Kopfabschneider denken nicht daran, dass der Luftraum in Syrien (und auch in der Türkei) über Satelliten sehr gut überwacht ist (nicht durch die Hintermänner der Kopfabschneider).

  • CN
    criticus nixalasverdruss

    Wenn man die ersten zitierten Sätze über Kreuz miteinander verbindet, zeigt sich die ganze Schizophrenie der syrischen Regierung, besser gesagt ihrer Bekundung zur Verhandlungsbereitschaft:

    Die syrische Regierung ist nach eigenen Angaben offen für einen Dialog, ... und bewege sich auf den „historischen Moment des Sieges über seine Feinde“ zu.

    Syrien werde seine Angelegenheiten selbst und ohne „Druck aus dem Ausland“ regeln ... und begrüßt jede regionale oder internationale Initiative für eine Lösung.

  • T
    toddi

    Die Türken haben "angeblich" (nur so zum Spaß) mindestens 4 Piloten nach Syrien geschickt denn soviel wurden durch die SAA in Aleppo festgenommen, also eher keine Zeit (letzte Hoffnung) für clowns ...

  • M
    maniano

    "Schätzungen zufolge starben in dem seit März 2011 anhaltenden Konflikt zwischen Aufständischen und der Führung in Damaskus bereits mehr als 45.000 Menschen."

     

    "... – laut der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte in Großbritannien sind seit Beginn des Aufstandes 32.000 Menschen getötet worden."

     

    wie schätzungen auseinander gehen können.. wobei bei dem artikel (erstes zitat) keine quelle angegeben ist!?

  • O
    OttomansLastHope

    Assad wird gehen muessen oder noch bleiben und sich in den Haag verantworten wenn er nicht schon bisdahin schon getötet wurde . Fuer assads dreckiges unmenschliche Spiel hat keiner mehr Geduld . Sollte sich Syrische moechtegernfuehrung noch einen spass mit der Tuerkei erlauben wird es wohl ihr letzter sein.