Bündnis auf Bewährung: Hält Brandenburgs SPD-BSW-Koalition?
Erst Streit über die Rundfunkreform, dann Parteiaustritte, nun ein Rücktritt: Die Koalition aus SPD und BSW in Brandenburg erlebt turbulente Zeiten.
dpa/bb | In der SPD/BSW-Koalition in Brandenburg ist vor ihrem ersten Geburtstag Krisenstimmung angesagt. Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) sorgt für immer neue Turbulenzen in der bundesweit einzigen politischen Zweckehe dieser Art: Zuletzt trat Fraktionsvizechef Christian Dorst nach einer Reaktion auf eine umstrittene AfD-Äußerung zurück. Was kommt noch?
Die Landtagsfraktion ist gespalten. Eine Mehrheit lehnte die Medienstaatsverträge zu Rundfunkreform und Jugendmedienschutz im Landtag vergangene Woche ab. Die Koalition hat eigentlich vereinbart, im Landtag nicht mit wechselnden Mehrheiten abzustimmen – doch das BSW sieht in den Staatsverträgen eine Ausnahme, weil sie vor der Koalition ausgehandelt wurden.
Vier Abgeordnete traten im Zuge des Streits aus der Partei aus und sprachen von „autoritären Tendenzen“ im BSW. Nur mit knapper Mehrheit wurden in einer Krisensitzung Misstrauensanträge gegen Fraktionschef Niels-Olaf Lüders und Dorst zurückgewiesen.
Dorst zeigte beim Portal X Verständnis für eine Äußerung von Sachsen-Anhalts AfD-Spitzenkandidat zur Landtagswahl 2026, Ulrich Siegmund. Der hatte in einem Podcast des Portals „Politico“ auf die Frage gesagt, ob die NS-Zeit „das Schlimmste der Menschheit“ gewesen sei: „Das maße ich mir nicht an zu bewerten, weil ich die gesamte Menschheit nicht aufarbeiten kann und aus allen Verbrechen dieser Menschheit natürlich lernen muss.“ Dorst schrieb: Man könne die Äußerung von Siegmund als „Vorstufe zur Leugnung des Holocaust“ bewerten. „Man kann das allerdings auch völlig anders bewerten.“
Ein Bündnis aus SPD und CDU hätte keine Mehrheit
Fraktionschef Lüders teilte dann mit, dass Dorst zurücktritt. Zugleich erklärte er, Dorst zweifle die Singularität des Holocaust nicht an. Der Verfassungsschutz Sachsen-Anhalt stuft die AfD, deren Spitzenkandidat Siegmund ist, als rechtsextremistisch ein.
Die SPD hat das Verhalten des kleineren Koalitionspartners bisher toleriert. Ministerpräsident und SPD-Landeschef Dietmar Woidke forderte Mitte November eine Klärung vom BSW. Für die Arbeit in der Koalition sieht er bisher eine Grundlage. Am Montag wollte er sich nicht äußern und verwies auf den Rücktritt von Dorst. SPD-Generalsekretär Kurt Fischer machte aber deutlich: Dorsts Äußerungen seien „nicht akzeptabel“.
Die SPD/BSW-Koalition hat zwei Stimmen Mehrheit. Was ginge außerdem? Ein Bündnis aus SPD und CDU hätte keine Mehrheit, sondern ein Patt. Für die Sozialdemokraten ist das – bisher jedenfalls – keine Alternative.
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