Buchvorstellung mit Söder: „Mein Ego kommt damit zurecht“
Die Vorstellung einer Merz-Biografie mit Markus Söder bietet mehr Klamauk als Erkenntnis. Klar wird: Der CSU-Chef kann das Sticheln nicht lassen.
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In einem der nüchternen Räume, die im Gebäude der Bundespressekonferenz im Berliner Regierungsviertel angemietet werden können, finden sich an Stehtischen drei Männer ein: Autor Volker Resing, der lange beim Herder-Verlag gearbeitet hat und jetzt Innenpolitikchef bei Cicero ist. Manuel Herder, „Verleger in der sechsten Generation“ des gleichnamigen Verlags – und CSU-Chef Markus Söder. Wegen diesem und vermutlich auch, weil der Ort schön zentral liegt, haben sich die Berliner CDU-Berichterstatter*innen fast vollständig im Saal eingefunden.
Nur: Wer gekommen ist, um mehr über Merz, oder zumindest über Söders wirklichen Blick auf den CDU-Chef zu erfahren, wird an diesem Morgen weitgehend enttäuscht. Söder redet, wie immer eigentlich, doch lieber über sich selbst. Da wird gewitzelt, gefrotzelt und gestichelt, sehr dosiert, aber doch vernehmbar gegen Merz; richtig bekommen Olaf Scholz und Robert Habeck einen mit, auch Angela Merkel natürlich und Armin Laschet. Den hätten, so Söder, doch manche Delegierte 2021 nur in dem Glauben zum CDU-Chef gewählt, dass er jemand anderem die Kanzlerkandidatur überlasse. Dass er dieser jemand gewesen wäre und Laschets Kandidatur scheiterte, muss Söder hier nicht erwähnen.
Abgekanzelt wird auch so mancher, der Söder eine Frage stellt. Warum er, der immerhin Bayern zu regieren habe, das Buch vorstelle, will Verleger Herder ganz zu Beginn der einstündigen Veranstaltung wissen. „Weil sie mich gefragt haben“, antwortet Söder. Wobei die Frage vielleicht nicht ganz glücklich gestellt, aber eigentlich doch eine interessante ist.
Merz, sagt Söder, sei einer der Christdemokraten, die immer sehr nah bei der CSU standen. Merz pflege einen respektvollen Umgang, weder stichele er, noch mache er hintenrum Politik. Da macht sich im Publikum ein Schmunzeln breit, ist doch Söder genau für das Gegenteil bekannt. Und was unterscheide ihn von Merz, will Herder nun von Söder wissen. Er habe erstens das bessere Abitur, möge die Beatles, Merz dagegen die Stones, und Bayern sei im Fußball doch erfolgreicher als Dortmund, antwortet Söder.
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So geht das hin und her, oder eigentlich mehr her, weil vor allem Söder redet. Mit dabei hat er ein paar Allgemeinplätze über den „kantigen“ Merz und dessen Kompetenz in der Wirtschafts-, Migrations- und Außenpolitik und seine Netzwerke in den USA, was mit Blick auf die Trump-Präsidentschaft sehr nütze. „Und dann gibt es noch eine Vorbildfunktion von Friedrich Merz“, sagt Söder. „Man muss nur lang genug kandidieren.“ Das sei ja wie Comedy, murmelt einer hinten im Publikum. Merz hat bekanntlich drei Anläufe gebraucht, um CDU-Chef zu werden.
Für den CDU-Chef, sagt Söder, sei die Wahrscheinlichkeit, Kanzlerkandidat zu werden, nun einmal deutlich größer als für den Vorsitzenden der kleinen Schwesterpartei. Immerhin räumt der Franke ein, dass Merz der international Erfahrenere sei und berichtet, dass die allwöchentlichen Konferenzen keine „Verkündungsschalten“ seien. „Mit ihm kann man reden, das ist ein hohes Gut.“
Er könne Merz aus voller Überzeugung unterstützen, sagt Söder. Und schließt dann doch wieder eine Koalition mit den Grünen aus und nennt Migration „das vielleicht wichtigste Wahlkampfthema“. Genau das aber empfinden so manche in der CDU alles andere als unterstützend. Denn Merz will im Wahlkampf keine Koalitionsdebatten führen und vor allem das Thema Wirtschaft nach vorne schieben – und das wissen hier auch die meisten im Saal. Er habe vor Merz persönlichen Respekt „und deshalb kommt auch mein Ego damit zurecht“, sagt Söder dann noch. Die Zweifel daran, ob das wirklich der Fall ist, sind nach diesem Freitagmorgen nicht kleiner geworden.
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