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Brutale Gänsemast in SpanienFette Qual für fette Leber

Die Produktion der Delikatesse „Foie Gras“ gerät in Spanien ins Kreuzfeuer der Kritik. Nach schockierenden Bildern reagieren die Behörden.

Völlig überfüttert wächst die Leber der Gänse auf mehr als ein halbes Kilogramm – bei einem Gesamtgewicht von rund 7 Kilo. Bild: Jonás Amadeo Lucas/Animal Equality

MADRID taz | Die diesjährige Weihnachtszeit ist den spanischen Schlemmern gründlich verdorben worden. Die internationale Tierschutzorganisation Animal Equality hat Fotos aus spanischen Betrieben veröffentlicht, in denen Enten und Gänse gehalten werden, deren Leber zu Foie Gras verarbeitet wird – auch als Stopfleber bekannt. Bilder in Zeitungen schocken die Leser, im Internet machen zudem Videos die Runde.

Und sie haben Konsequenzen: Ein Betrieb – Momotegi im Baskenland – wurde nach einer Anzeige der Tierschützer von den Behörden unter die Lupe genommen und wegen Verstoß gegen Hygienevorschriften mit einem Bußgeld belegt, ebenso der Momotegi-Kunde Mugaritz. Dem Lokal mit zwei Michelin-Sternen wird vorgeworfen, Leber bei einem Betrieb zu kaufen, der nicht den Vorschriften entspricht.

Die Videos und Fotos von Animal Equality stammen aus vier Mastbetrieben. Sie zeigen gestresste Tiere, die sich beim Versuch, aus den viel zu engen Käfigen zu entkommen, selbst verletzen. Tiere, die ohne Betäubung getötet werden. Kranke Tiere, die ohne Tierarzt bis zum Tod vor sich hin vegetieren.

Hinzu kommen die Bilder vom Stopfens. So heißt die Methode, mit der die Enten und Gänse mithilfe eines Trichters zwangsernährt werden. Völlig überfüttert wächst die Leber der Tiere auf mehr als ein halbes Kilogramm – bei einem Gesamtgewicht von rund 7 Kilo. Es sind diese völlig überfetteten Lebern, die zu Foie Gras verarbeitet werden.

Aufschrei der Gourmets

„Die Bußgeldbescheide zeigen, das wir gute Arbeit geleistet haben“, erklärt Animal-Equality-Sprecherin Xoxe Gómez zufrieden. Die Forschungsteams hätten „als Personen, die sich für die Branche interessieren“, Zutritt zu den Betrieben erhalten.

Der Aufschrei der Gourmets ließ nicht auf sich warten. Über 400 Menschen unterzeichneten ein Manifest, das den Mugaritz-Küchenchef Adoni Luis Aduriz in Schutz nimmt. Sie werfen den Tierschützern „Rufschädigung“ und „Manipulation von Bildern“ vor. Bekannte spanische Köche wie Ferran Adría, Juan Mari oder Elena Arzak gehören zu den Unterzeichnern.

Ramón Puyuelo, Geschäftsführer des Branchenverbands Interpalm, der 78 Prozent der Mastbetriebe und 80 Prozent der weiterverarbeitenden Industrie zu seinen Mitgliedern zählt, bestreitet die Unregelmäßigkeiten beim Schlachten nicht, entschuldigt sie aber: „Wenn Zehntausende von Tieren geschlachtet werden, kann es schon einmal zu Fehlern kommen“, sagt er „Das ist wie im Krankenhaus: Bedauerlicherweise geht eine von Tausenden von Operationen auch schief.“

Zudem erhebt Puyuelo seinerseits Vorwürfe gegen die Tierschützer: Für einige Aufnahmen sei Animal Equality nachts in Ställe eingedrungen und habe damit überhaupt erst die Stresssituationen für die Tiere erzeugt, in deren Folge sich diese dann verletzt haben.

Drittgerößter Produzent

Während die Mastform des Stopfens in vielen europäischen Staaten, darunter in Deutschland, als Tierquälerei verboten ist, werden in Spanien jährlich rund 1,2 Millionen Tiere zu Lieferanten der Fettleber herangezogen. Nach Frankreich und Bulgarien ist Spanien damit der drittgrößte europäische Produzent von Foie Gras.

Einer der marktführenden weiterverarbeitenden Betriebe, Collverd, gehört dem Interpalm-Vorsitzenden und Vizepräsidenten des europäischen Verbandes EuroFoieGras, Jordi Terol. Collverd ist einer der Großkunden von zwei der von Animal Equality beschuldigten Mastbetrieben.

„Wir werden in den kommenden Wochen weiteres Material veröffentlichen“, erklärt Animal-Equality-Sprecherin Xoxe Gómez. „Wir haben insgesamt elf spanische Mastbetriebe unter die Lupe genommen“, sagt sie. Das entspreche über 80 Prozent der spanischen Produktion. Eine Gruppe von acht Europarlamentariern wolle das Material nutzen, um ein europaweites Verbot des Stopfens zur Foie-Gras-Produktion zu erreichen.

Dass es auch anders geht, zeigt ein kleiner Betrieb in Südspanien. Er hält die Tiere im Freien. Sie fressen sich ganz natürlich eine Fettleber an, da sie sich auf den herbstlichen Flug nach Afrika vorbereiten, zu dem es dann freilich nicht mehr kommt. Auf Drängen der Produzenten aus dem Mutterland der Fettleberpastete, Frankreich, darf sich das so gewonnene Produkt – trotz eines gallischen Feinschmeckerpreises – allerdings nach europäischer Richtlinie nicht Foie Gras nennen.

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20 Kommentare

 / 
  • PS
    Peter S.

    Zur Gänsestopfleber empfehle ich einen Grand Cru Praelateneberg Alsace Gewurztraminer von Engel. Mit dem Jahrgang 2007 kann man nichts falsch machen.

  • F
    FaktenStattFiktion

    @ex-veggie

    90 Prozent der Veganer haben einen Vitamin B12-Mangel.

  • PG
    Paul Gerhardt

    Ich hasse die Menschheit.

  • E
    ExVegie

    Als ehemaliger Vegetarier bin ich kuriert, nach knapp einem viertel Jahr als (fast) Veganer ging es mir richtig schlecht. In einem schwachen Moment gab ich dem Heisshunger auf Fleisch nach, das Wild war ja von einem Freund selbst geschossen. Dabei war ich einer dieser moralinschwangern Fleischverweigerer.

    Nun esse ich wieder fast tägllich Fleisch und wenn ich es mir leisten kann, geniesse ich auch mal eine Gänsestopfleber.

    Gänseleber ist usgesprochen lecker, eine Delikatesse, schon allein der Gedanke an eine selbstgemachte Pastete lässt mir das Wasser im Mund zerlaufen.

    Preisgünstigere Alternativen gibt es von polnischen Züchtern aus den ehemaligen Ostgebieten, der Slowakei und vorallem aus Ungarn. Die "Rex Hungaricum" Pastete ist wirklich ein Genuss, hat aber seinen Preis.

    Achja seit ich meinem Körper und meinem Gehirn wieder die notwendigen Nährstoffe zufüge, denkt es sich auch besser, ich bin kritischer geworden. Genau folgerichtig bin ich kein Linker mehr, sondern nutze meinen Gehirn. Fleisch nimmt daher in der Persönlichkeits-und Charakterentwicklung eine ausgesprochen wichtige Rolle ein, es erlaubt gerade dem Mann erst die notwendige Hormonproduktion um sein volles geistiges Potential zu entfalten.

    Ich freue mich auf die Antworten.

  • J
    JürgenG

    Liebe Fleischesser,

    schaut doch bitte einmal den informativen Film "Earthling" (http://www.youtube.com/watch?v=gT3KdBOmKKo). Bei mir hat das gereicht, um keine toten Tiere mehr zu essen.

  • W
    Wolfram

    Gänsemast quält ja "nur" die Tiere. Durch die "Produktion" von Rind- und Schweinefleisch werden aufgrund der ungeheuren Resourcenverschwendung zusätzlich die Lebensgrundlagen von Millionen von Menschen zerstört. Die weihnachtliche Völlerei und die guten Vorsätze zum neuen Jahr wären doch eigentlich für eine kritische Zeitung eine gute Gelegenheit, auf dieses doppelte Morden und die ganze Tierquälerei aufmerksam zu machen. Ich rege eine Auto-Aufkleber-Aktion an: Fleischkonsum tötet doppelt: Tiere und Menschen. Guten Appetit!

  • B
    Barbara

    Wieder mal ein Beispiel, wie skrupellos und geldgierig und dekadent gefräßig einige "Menschen" sein können!!!

    Ich mag mein Leben "vegan as can be" (in dieser auf Tierausbeutung ausgerichteten Gesellschaft)!!!Nicht nur zu Weihnachten!!!

  • V
    vic

    Wer so etwas kauft, müsste zum Ansehen der Produktion seiner Spezialität gezwungen werden.

    Wer`s dann immer noch will, dem bleibt`s hoffentlich im Hals stecken. Dann weiß der Genießer ungefähr, wie die Gans sich fühlte.

  • MG
    manfred gerber

    Tierquälerei unnötig!

    Gänse sind derart gierig, dass sie such auch von selbst eine Fettleber anfressen. Warum reicht das den Feinschmeckern nicht, muss es denn weh tun?

    Gänse sind sehr besondere Tiere, jeder Unterstützer von Tierquälerei zur Feinkostherstellung beweist seine ethisch/moralische Behinderung, die nicht zulässt, beim schlemmen sich die Produktionsbedingungen vorzustellen. Dabei käme einem das ganze wieder hoch.

    Augen zu, Verstand aus und runter damit, so isst eine "Elite".

  • N
    namenloser

    Der Große Fraß des losgestellten , auf den Planeten und alle seine übrigen Kreaturen losgelassenen Tieres .

    Von einem moralischen Standpunkt aus gesehen wird es Zeit , dass der Mensch sich selbst ausrottet .

  • UF
    Ullrich F.J. Mies

    @Hans

     

    Bester Hans, leider ist die Welt nicht so einfach, das wäre zu schön!

    Die Führungsriege der Deutschen Bank sitzt noch lange nicht im Knast, wohin sie schon lange gehört.

     

    Die meisten Scheinehunde laufen frei herum, sie quälen nicht nur Tiere in Mastbetrieben, was schon katastrophal genug ist. Auch sind es nicht nur böse französische Feinschmecker, die nicht von "gequälleberten" Delikatessen lassen wollen. Schau Dir die deutschen Mastbetriebe an, die Millionen Hühner und Schweine quälen, weil "der Verbraucher" nicht von billigem Gammelfleisch lassen will.

    ...und die nächste Grillsaison kommt ganz bestimmt. Dann qualmt es wieder mächtig aus Gärten und von Balkons. Und alle wollen die fettigen Fleischlappen verputzen oder billige Hühnerschenkel im Dutzendpack wegschleppen. Man bekommt das Kotzen, wohin man schaut! Schau Dir die Idiotenhorden an.

     

    Die Menschen sind so beschränkt wie eine Schnitte Brot, das ist das Problem!

     

    Und dann haben wir die, die Rüstungsgüter, Kriegswaffen, Kleinwaffen produzieren, sie haben hunderttausende Menschen weltweit auf dem Gewissen und schlafen auf ruhigen Ruhekissen. Ihre propagandistischen Einpeitscher sitzen in den Konzernmedien und Regierungspropaganda-Apparaten.

     

    Die Liste ließe sich beliebig fortsetzen.

    Und so viele Knäste für alle die, die "darein gehören", haben wir gar nicht.

  • OK
    Oma Kruse

    Foie gras ist einfach ein Teil der europäischen, kulinarischen Kultur. Man muss das nicht essen, wenn es einem nicht schmeckt – aber man sollte doch so tolerant sein, den Feinschmeckern den Genuss zu lassen. Die hygienischen Bedingungen bei der Produktion müssen natürlich stimmen.

  • TK
    Tadeusz Kantor

    fuck „foie gras"

  • C
    Ceres

    Ich würde zwar nie Stopfleber kaufen aber ich bin vorsichtiger geworden bei dem, was uns von Tierschutzorganisationen so "aufgetischt" wird. Es gab schon öfter "übliche Zucht- und Schlachtmethoden" die sich im Nachhinein als irgendein debiler Hinterwälder entpuppt haben, der gegen Geld vor der Kamera genau das gemacht hat was das Kamerateam von ihm wollte.

  • TL
    Tim Leuther

    "Animal Equality"

    Na das ist ja ein grausamer Titel. Nach dem Verständnis drucken die sicher auch wie die Peta vergleichsplakate mit KZs oder fordern nach Hurrikanes das zuerst die Tiere evakuiert werden.

  • G
    goldleber_blut

    Die barbarische Gavage, die Zwangsüberfütterung der Enten und Gänse, gehört seit Jahrhunderten zum europäischen Gewaltkulturerbe und daher weltweit geächtet, nicht nur in Frankreich, wo es begann und wo man heute noch besonders stolz ist auf die Resultate der Tiervergewaltigung zu kulinarischen Zwecken.

     

    Mögen euch die Weihnachtsgänse, und natürlich auch ihre eingedosten Fettlebern, im Halse steckenbleiben !

     

    Es lebe der Zweifel !

  • F
    FaktenStattFiktion

    Foie Gras aus Spanien - NEIN DANKE! Wer diese Spezialität genießen will, kommt um die kleinen Erzeuger im Elsass nicht herum. Nur dort wird wirklich gute (und entsprechend teure) Foie Gras produziert.

     

    @Joe

    Gourmondo.de liefert im ganzen Bundesgebiet. Aber bitte mit viel Zeit genießen.

  • H
    Heiner

    Die Franzosen denken immer noch, sie wären die Könige der Gastronomie... Aber was ist an der französishcen Küche so besonders? Ich habe in guten Restaurants noch nie so schlecht gegessen wie in Frankreich... Aber zumindest können sie Fettleber verspeisen. Klasse, das gibt einen Stern!

  • H
    Hans

    Jeder Einzelne der Züchter und Mitarbeiter muss in den Knast, genauso wie sämtliche Mitarbeiter von europäischen Schweine-, Hühner-, Rinder, Kaninchen-, Entenmastanlagen, weil dort Lebewesen auf übelste Art und Weise gequält und vergewaltigt werden. Aber zum Glück kommt im Leben niemand ungeschoren davon und wird früher oder später für seine Schandtaten mächtig bestraft werden. Aktuelles Beispiel: Führungsriege der Deutschen Bank im Knast, Guttenplags Doktortiel weg, Schavans Doktortitel in Gefahr etc.. HAHA!

  • J
    Joe

    "Dass es auch anders geht, zeigt ein kleiner Betrieb in Südspanien. [...] Auf Drängen der Produzenten aus dem Mutterland der Fettleberpastete, Frankreich, darf sich das so gewonnene Produkt – trotz eines gallischen Feinschmeckerpreises – allerdings nach europäischer Richtlinie nicht Foie Gras nennen."

     

    Wie heißt das denn sonst und wo kann ich es kaufen?