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KOMMENTARBrüderlicher Schulterschluß

■ In Aserbaidschan kam der kürzlich abgesetzte Präsident Mutalibow wieder an die Macht

Brüderlicher Schulterschluß In Aserbaidschan kam der kürzlich abgesetzte Präsident Mutalibow wieder an die Macht

Daß es im März, als die Massendemonstrationen in Baku den Rücktritt des verhaßten Präsidenten Mutalibow erzwangen, nicht zu einem Blutvergießen wie in Georgien oder Rumänien kam, war schon erstaunlich. Doch nun ist der alte Parteiapparatschik, dessen erste Amtshandlung es war, die für den 7. Juni angesetzten ersten freien Wahlen auszusetzen, über einen De-facto- Staatsstreich wieder an die Macht gelangt, und Aserbaidschan steht am Vorabend eines Bürgerkrieges. Die oppositionelle Volksfront, die die Mehrheit der Bevölkerung repräsentiert, hat bereits angekündigt, daß sie den Schlag gegen den Demokratisierungsprozeß nicht hinnehmen wird. Ziviler Widerstand und Generalstreik sind angekündigt. Zur Not will man mit Waffen Mutalibow zu Fall bringen.

Ein unbedeutender Staatsstreich im fernen Kaukasus, dessen politisches Chaos ein Europäer ohnehin nicht versteht? Die innere Angelegenheit eines seit kurzem souveränen Staates, das Mitglied der UNO ist? Weit gefehlt.

In brüderlichem Schulterschluß betrieben Teheran und Moskau ein Schurkenspiel, um den Diktatur Mutalibow wieder an die Macht zu hieven. Den Iranern ist die oppositionelle Volksfront ein Greuel, weil sie ein islamisches Fundamentalistenregime kekämpft. Außerdem fordern sie Autonomie für die im Iran lebenden Aserbaidschaner. Und wer meint, daß nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion die imperiale Politik Moskaus ein Ende nehmen würde, der irrt sich. Die russischen Panzer sind immer noch das machtvollste militärische Instrument in Baku. Es ist schon sonderbar, daß zum einen die gewaltige russische Militärpräsenz in Armenien und Aserbaidschan beibehalten wird und zum anderen dieser Apparat die blutige Fehde zwischen Aserbaidschanern und Armeniern um Berg- Karabach — etwas größer als das Saarland — nicht aufhalten kann. Seit Jahren gibt es dagegen ernstzunehmende Nachrichten, daß russische Verbände mal die eine, mal die andere Seite unterstützen.

Den Russen behagt es nicht, daß die Volksfront wirkliche Unabhängigkeit — politisch, ökonomisch, militärisch — von Moskau anstrebt. Der als aserbaidschanischer Präsident wieder eingesetzte Mutalibow kann der Unterstützung der sonderbaren Allianz von KGB-Generälen und der iranischen Mullahs sicher sein. Er kann zwar auf seine Milizionäre, die sich aus dem alten Parteiapparat rekrutieren, zählen, doch nicht auf Unterstützung innerhalb der Bevölkerung. Es droht ein Bürgerkrieg, in welchem ausländische Staaten ihre Suppe kochen. Ömer Erzeren, Istanbul

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