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Brüderle gegen Solaranlagen-NeubauKeine neuen Zellen für die „Snobs“

Rainer Brüderle rät vom Bau neuer Fotovoltaikanlagen ab. Stattdessen fordert der FDP-Fraktionsvositzende ein Moratorium zum Thema. Neu ist das Gestänker nicht.

Will den „Öko-Snobismus durch die Subvention in der Solarindustrie“ beenden: FDP-Politiker Rainer Brüderle. Bild: dapd

BERLIN taz | FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle hat sich angesichts steigender Strompreise dafür ausgesprochen, zunächst keine neuen Solaranlagen mehr zu bauen. „Der Öko-Snobismus durch die Subvention in der Solarindustrie muss dringend beendet werden“, sagte Brüderle der Rheinischen Post. „Kurzfristig ist ein Einfrieren der EEG-Umlage oder ein Moratorium für den Neubau von Solaranlagen denkbar.“

Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) habe dazu geführt, dass Solarproduzenten bis vor kurzem 43 Cent pro Kilowattstunde Strom auf 20 Jahre garantiert bekommen hätten. Das EEG müsse mittelfristig durch ein marktwirtschaftlich orientiertes Mengensystem ersetzt werden. Ein ungebremster Zubau ohne Netzausbau und entsprechende Speichertechnologien gefährde die Energiewende und lasse die Preise weiter steigen.

Tatsächlich beträgt die Vergütung teilweise gerade mal ein Viertel dessen, was Bürderle behauptet: Am 1. April 2012 lagen die Vergütungssätze für Solarstrom bei 13,5 bis 19,5 Cent pro erzeugter Kilowattstunde Strom, je nach Anlagengröße. Mittlerweile ist die Vergütung weiter gesunken, pro Monat gibt es eine Degression von einem Prozent. Zwar fließt ein Großteil der Ökostromförderung in die Photovoltaik.

Kompletter Umbau?

Allerdings würde ein Moratorium an den Strompreisen nichts ändern: Die Vergütung für Solaranlagen, die bereits in Betrieb sind, ist den Betreibern staatlich garantiert, nachträglich kann nicht gekürzt werden. Neue Anlagen sind so billig, dass eine Verdoppelung der Solarleistung in Deutschland nach Zahlen des Ökoinstituts weniger als ein Fünftel der bisherigen Förderkosten zusätzlich ausmachen würde.

Die FDP geht mit derartigen Forderungen seit langem hausieren. Bereits Anfang September erarbeitete die FDP-Bundestagsfraktion ein Papier, in dem von einem Moratorium beim Ausbau erneuerbarer Energien die Rede war. Die Partei will die Förderung erneuerbarer Energien komplett umbauen und verlangt von der Union, noch vor der Bundestagswahl zu reagieren.

Der FDP-Fraktionsvorsitzende in Nordrhein-Westfalen, Christian Linder, forderte sogar, von der Wortwahl an das Ende den Atomausstieg angelehnt, ein „Ausstiegsgesetz“ aus dem EEG, das System zur bisherigen Förderung von Solar- oder Windkraft. Umweltverbände und Opposition werfen der FDP vor, die Energiewende blockieren zu wollen. Brüderle habe das Vorhaben „zum Abschuss freigeben“, sagte der Vorsitzende des Umweltverbandes BUND, Hubert Weiger. (mit reuters)

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12 Kommentare

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  • D
    dete

    "Tatsächlich beträgt die Vergütung teilweise gerade mal ein Viertel dessen, was Bürderle behauptet: Am 1. April 2012 lagen die Vergütungssätze für Solarstrom bei 13,5 bis 19,5 Cent pro erzeugter Kilowattstunde Strom, je nach Anlagengröße."

     

    Unkenntniss lässt grüßen: Die meisten Anlagen bekommen deutlich mehr genießen über 20Jahre Bestandschutz. Ein großer Teil der EEG-Erhöhung ist ein Nachholen aus dem letzten Jahr.

     

    Die PV verabschiedet sich nun mehrere Monate, ohne einen nennenswerten Beitrag zur Stromerzeugung zu liefern. Bei Schnellfall können ja die Hartz4ler die Dinger mit Besen freimachen. Nachzulesen bei transparency.eex.com. Hierzu sind aber zumindest Grundkenntnisse der Physik notwendig, so dass sich das Abwählen von Physik nach der 9. Klasse nun doch rächt.

  • J
    Jens

    @horst: die RWE Shareholder sind überwiegend Kommunen, also die Allgemeinheit. Die Hauptinvestoren institutioneller Art sind zum Großteil Deutsche Firmen. Also trifft Dein Vergleich nicht wirklich ins Schwarze, wie das halt auch immer so ist, mit Irrglauben und stupider Propaganda ;-) Aber subventioniere lieber deinen Arzt nebenan, der zzgl. den 300.000 Jahreseinkommen auch noch von der Allgemeinheit Geld für seine Panelen bekommt.....

  • A
    alfonearth

    Das EEG wirkt mehr zur Förderung der Altersversorgung von Besserverdienenden als zur Unterstützung der Energiewende.

    Seit ca. 4 Jahren empfehlen Banken zur langfristigen Anlage von größeren Beträgen vor allem Photovoltaikfonds. Diese bieten auch tatsächlich ein unschlagbares Rendite-/Risiko-Verhältnis.

    Da diese hohen Renditen über die EEG-Umlage praktisch mit einer unsozialen Kopfsteuer finanziert werden, waren derartige Anlagen für mich schon immer ethisch sehr fragwürdig.

    Ökologisch sehr fragwürdig ist auch das Grundprinzip des EEG:

    Es sieht ca. 300 verschiedene Tarife vor, die umso höher sind, je teurer eine Technologie ist, d.h. je mehr Ressourcen sie pro kWh verbraucht.

  • WT
    Werner Thoma

    Ökosnobismus??

    Also sind Millionen Deutsche Snobs die sich Solaranlagen aufs Dach geschraubt haben?

    Das erinnert mich fatal an „spätrömische Dekadenz“ Tiraden, die seinerzeit von Westerwelle ausgestoßen wurden!

    Glaubt die FDP punkten zu können, wenn sie Wählergruppe beschimpft?

    Wie tief ist diese Partei gesunken, für wie blöde hält sie uns?

    An den Altanlagen ändert dies überhaupt nichts, die Neuanlagen werden immer billiger und fallen nicht mehr entscheident ins Gewicht!

    Sie wollen noch möglichst viel Schaden anrichten, bevor sie abtreten (müssen)

    vermutlich ein Casting für zukünftige Posten bei RWE, EON, Vattenfall und Areva!

    Hoffentlich ist mit dieser Partei bald Schluss!

     

    Mit sonnigen Grüßen

    Werner Thoma

  • V
    vic

    Ach Brüderle,

    der redet viel und hat erwiesenermaßen keine Ahnung (Wein ausgenommen)

    Es soll Leute geben, die sind ganz seiner Meinung und bevorzugen "billigen" Atomstrom.

    Warum redet niemand über die Kosten der Atomenergie? Früher, heute und in Zukunft. Na?

  • TL
    Tim Leuther

    19,5 cent sind immer noch eine ganze Menge. Auch dürfte der Strom zur Mittagszeit mittlerweile alles andere als Knapp sein.

     

    Des weiteren ist anzumerken das die taz und die Grünen etc. alle gegen eine Absenkung auf das heutige Niveau haben.

     

    Deutschland hat quasi für die ganze Welt die Kostendegression finanziert. Ich wette man wird es uns Danken *hust-hust*

    Die Kostendegression wäre auch so gekommen. Vielleicht wären wir 2020 auf heutigem Niveau, dafür hätten wir nicht die ganzen Kosten auf uns vereint. Wenn wir jetzt etwas mit dem Ausbau trödeln um dann in 5 Jahren noch billigere Module zu kaufen, dann ist das doch gut. Dann kann man vielleicht auch zu vertretbaren Kosten West und Ostdächer gezielt fördern um die Produktion auf den ganzen Tag auszudehnen. Jetzt wäre das unbezahlbar.

  • R
    Rarian

    Wenn man weiss, dass das FDP-geführte Wirtschaftsministerium noch immer Forschung in Jülich zu dem als total gescheitert geltenden Kugelhaufenreaktor-AKW fördert (nachdem sogar Schavan abgewunken hatte), sieht man, worauf das hinausläuft und was der Kampf gegen die EEG-umlage soll.

     

    Ein interessantes Video zu den Ursachen der Strompreissteigerung findet man unter:

     

    https://www.youtube.com/watch?v=dgtJg0GBCjU

  • H
    Hanz

    Die FDP und allen voran Herr Brüderle waren wohl die Tage wieder zu lange im Weinkeller gesessen, sonst kann man auf solch einen ausgemachten Blödsinn gar nicht kommen.

    Die FDP ist ewig gestrig, will uns erzählen die allmächtige Regelungskraft des Marktes wird das schon richten und für den Verbraucher wird dann alles gut.

    Tatsächlich glaubt sie das aber nicht mal selber und will nur das alle glauben die Energiewende wird sowieso nix da zu teuer.

    In Wirklichkeit will sie nur den Strommarkt so regulieren das die großen Produzenten die alle Trends verschlafen haben und jahrenlang die Preise hochgetrieben haben witerhin gut verdienen, ihre Aktionäre sich die Taschen vollstopfen und der Verbraucher das alles schön bezahlt.

    Wie gut das mittlerweile sogar konservative Stadträte und Bürgermeister erkannt haben das die Dezentralisierung Kosten spart und für Verbraucher und Gemeinden Vorteile und Unabhängigkeit bringt.

    Liebe FDP, die Energiewende wird kommen, soviel könnt ihr gar nicht trinken!

  • W
    wegen

    Das ist wohl als ein letztes Luftholen zu verstehen - von der Partei, die bisher die "Snobs" vertreten hat und die nun wohl bald dauerhaft unter "Sonstige" abtauchen wird. Schließlich gehen der Elitepartei inzwischen nicht nur die atomfreundlichen Snobs aus sondern auch die großzügigen Parteispender: Da sich sogar EON und RWE von der Kernkraft verabschiedet haben macht wohl bald der letzte Stromerzeuger das Atom-Licht aus. Dann wird es duster bei der FDP.

  • K
    kasemattenbär

    Das ist doch mal wieder so durchsichtig vom Brüderle. Angesichts der Bundestagswahl 2013, in der diese Partei hoffentlich endlich für die nächsten vier Jahre unter die Fünf-Prozent-Hürde rutscht und eine wohl notwendige Machtpause einlegt, muß mit "Anti-Grün" bzw. "Anti-Öko" beim Wähler gepunktet werden.

     

    So versucht man es denn mit "Öko-Snobismus", um den Neid anderer auf PV-Anlagenbetreiber zu schüren, in manchen Foren ist sogar schon von "Parasitentum" die Schreibe.

  • H
    horst

    mir ist lieber der snobzahnarzt von nebenan macht meinen strom als dass die shareholder von RWE abkassieren.

     

    brüderle siehts halt umgekehrt...

  • EL
    Ernst Lehman

    Was bringt es uns, wenn wir mit Milliardensummen die Solardächer subventionieren, wenn wir im Sommer nochmal Geld ans Ausland zahlen müssen, das wir genau diesen Strom wieder aus den Leitunge kriegen.

    Im Winter hingegen benötigen all die Solarzelleneigenheimler massig Strom für ihre Wärmepumpen, den wir dann nochmal für teuer Geld aus Europas Uralt-Kohlekraftwärken bekommen oder indem wir Erdöl verfeuern?

    Und das wird dann als Energiewende gefeiert...