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Britney Spears, Amber Heard und wirPopkultursoziologie muss sein

Celebrity-Kultur und Gossip müssen ernst genommen werden. Denn sie zeigen uns, wo wir gesellschaftlich stehen.

Die Story von Britney Spears ist außergewöhnlich, sie hilft gegen das Gefühl von Verlorensein Foto: Mike Blake/reuters

P opkultur, gerade Celebrity-Kultur, hat bei vielen Menschen einen schlechten Ruf. Sie wird von oben herab betrachtet, nicht ernst genommen, in Klatschmagazine verfrachtet. Ich halte dagegen. Denn ich glaube, dass man daran sehr viele gesellschaftliche Entwicklungen feststellen kann, sei es nun, wie sich Stars zu gewissen Themen verhalten, oder aber wie wir als Gesellschaft darauf reagieren. Popkultursoziologie sozusagen, ein Wort, das bisher noch nicht existiert, das es aber unbedingt geben müsste.

Ein sehr gutes Beispiel dafür ist der Heard/Depp-Gerichtsprozess. In den Jahren zuvor hatte eine Art gesellschaftliche Läuterung eingesetzt, viele hatten sich geschworen, Frauen in der Öffentlichkeit nicht mehr so zu behandeln wie unter anderem Britney Spears, Paris Hilton und Monica Lewinsky, die in den neunziger und nuller Jahren zur Zielscheibe weltweiter Häme wurden. Die kollektive Verspottung Amber Heards hat uns aber gezeigt: Wir sind gesellschaftlich noch lange nicht so progressiv und feministisch, wie viele geglaubt haben, zwanzig Jahre später wiederholen wir die gleichen Fehler. Als Fußnote sei angemerkt: Auch wenn sie Heards Aussagen über die physische und psychische Gewalt, die sie durch Johnny Depp erleiden musste, nicht glauben wollten, so haben dennoch all diejenigen, die sich auf TikTok und anderen Medien über Heard lustig machten, ignoriert, dass ihren Spott nichtberühmte Menschen hören würden, die sexualisierte und häusliche Gewalt erleben.

In meiner Kolumne wird es aber noch sehr oft um toxische und gewalttätige Menschen, vor allem Männer, gehen, darunter Marilyn Manson, Shia LaBeouf, Ezra Miller und Brad Pitt (ja, auch er). Deswegen möchte ich diese erste Ausgabe von „Gossip Girl“ mit einer positiven Note beenden. Denn Stars und Popkultur lassen sich nicht nur soziologisch analysieren, sie können außerdem Trost spenden – eine für viele Leute nicht zu verachtende Funktion.

Vor einer Woche veröffentlichte Britney Spears eine 22 Minuten lange Aufnahme, in der sie über den Schmerz und die Demütigung während der Vormundschaft ihres Vaters sprach. Sie schloss mit den Worten: „Wenn du so ein introvertierter komischer Vogel bist wie ich, der sich oft allein fühlt, und du heute eine Geschichte wie diese hören musstest, damit du nicht einsam bist, wisse dies: Mein Leben war alles andere als einfach, und du bist nicht allein.“ Und trotz Britneys außergewöhnlichen, nicht mit der von anderen Personen vergleichbaren Story – zu wissen, dass sich selbst die reichsten und berühmtesten Stars der Welt wie „normale“ Menschen einsam und verloren fühlen, kann helfen.

Da aber Celebrity-Kultur mitunter messy ist, ist es mir leider nicht möglich, mit feierlichen Worten zu enden. Nur rund eine Stunde, nachdem sie ihre Rede hochgeladen hatte, löschte Britney Spears diese wieder, mutmaßlich, weil sie sich es anders überlegt hat. Auch Promis können unsicher sein – eben genau wie wir.

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Isabella Caldart
... arbeitet als freie Journalistin mit Schwerpunkt auf Kultur und Gesellschaft für diverse Medien und macht auch sonst allerhand Jux und Tollerei mit dem geschriebenen Wort. Frankfurt/Barcelona
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2 Kommentare

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  • Ihr Begriff der Popkultursoziologie scheint zielführend, aber er begründet nicht den desolaten medialen Zustand, dass Leute sich für den Tratsch der Reichen interessieren ist hochproblematisch und wird einfach ausgeschlachtet. Ich wünsche mir von ihnen eine gründliche Analyse von gemeinsamkeiten und unterschieden des öffentlichen und nicht-öffentlichen Lebens in ihrer Kolumne. Vielleicht wäre es auch hilfreich immer mal eine positives männerbeispiel zu bringen, wir fühlen uns sowieso schon ziemlich schlecht, als sexisten und Despoten geboren zu sein, macht ja auch nicht wirklich Spass, gerade wenn man gucken muss, wie man bis zum Monatsende kommt. Da wäre ein positives Beispiel eines Mannes an dem wir uns orientieren können sehr sympathisch.

  • Frau Heards als opfer hinzustellen ist wohl ein schlechter scherz.