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Brettspiel über KlimakriseFröhliche Wissenschaft

Das Brettspiel „Habitable“ basiert auf Erkenntnissen aus der Astronomie. Es zeigt, wie man Ergebnisse der Wissenschaft spielerisch vermitteln kann.

„Habitable“ will zwischen den Generationen vermitteln Foto: Heidelberger Instituts für Theoretische Studien (HITS)

Berlin taz | Das Universum ist komplex und noch lange nicht ausreichend erforscht. Jede weitere Forschung macht den Kosmos noch komplexer, noch undurchdringlicher und Leuten außerhalb der Wissenschaft noch schwerer zu vermitteln. Am Heidelberger Institut für Theoretische Studien versucht man deshalb, das Wissen mit einem Brettspiel zugänglich zu machen. „Habitable“ soll nicht nur über die Bewohnbarkeit von Planeten aufklären, sondern auch die Erkenntnisse jahrelanger Forschung spielerisch und doch wissenschaftlich kommunizieren.

2023 bekam das achtköpfige Entwicklungsteam im Rahmen des Hochschulwettbewerbs von „Wissenschaft im Dialog“ 10.000 Euro, um das Spiel zu entwickeln. Das Ergebnis ist „Habitable“: ein Brettspiel ab 10 Jahren, von dem aktuell 90 Exemplare an Bibliotheken und Schulen existieren.

Neben einer umfänglichen Online-Version liegen auch Versionen an Universitäten in Amsterdam und Belgien. Das Team hat auch bereits mit Spieleverlagen über einen größeren Vertrieb gesprochen. In „Habitable“ können bis zu fünf Spie­le­r:in­nen auf dem Spielfeld mit einer Galaxie unterschiedliche Planeten suchen, entdecken und deren Lebensbedingungen verändern. Das geschieht durch verschiedene Aktionskarten, durch die etwa ein Asteroid auf den Planeten trifft und den Wassergehalt erhöht. Auch die Temperatur, der Magnetismus und das Leben können verändert werden. Doch Letzteres kann nur entstehen, wenn die ersten drei Aspekte ausgebaut sind.

„Wir möchten damit einen Entstehungsprozess abbilden, in dem man Planeten bewohnbar macht. Selbst die Ver­lie­re­r:in­nen sollen sehen, dass sich ihre Planeten entwickelt haben“, so die Astrophysikerin Eva Laplace. Sie war federführend in der einjährigen Spielentwicklung, die nicht immer einfach gewesen sei.

Vermitteln zwischen Generationen

Eine Herausforderung sei es gewesen, das Spiel nicht zu komplex zu gestalten: „Man muss versuchen, es so einfach wie möglich zu halten und einen verständlichen Kontext schaffen. So zeigen wir im Spiel durch farbige Zonen, wie weit die Planeten von der Sonne entfernt sind und wie wahrscheinlich es ist, sie am Leben zu halten“, sagt Laplace.Doch der Versuch, das Spiel simpel und informativ zu halten, gelang nicht auf Anhieb. „Die ersten Prototypen waren zum Beispiel viel zu komplex“, so der Astrophysiker Vincent Bronner. „Da ging es noch um Treibhausgase und mehr, aber das war zu kleinteilig. Deswegen mussten wir uns auf einen einfachen Satz an physikalischen Größen reduzieren.“

Das Spiel erreichte den gewünschten Umfang auch dadurch, dass man Kinder in den Entstehungsprozess eingebunden hat: „Wir haben uns auch Schulklassen eingeladen, damit sie das Spiel testen können. Dadurch konnten auch Dialoge und Fragen entstehen wie ‚Was ist überhaupt Bewohnbarkeit?‘“, so Laplace.

Das Brettspiel „Habitable“ soll dabei nicht nur Wissenschaft vermitteln, sondern auch ein inklusives Spiel sein. Laut Astrophysikerin Laplace wird das Spiel deshalb am besten von möglichst vielen unterschiedlichen Generationen zusammengespielt, damit ein Dialog entsteht.

Das Thema der Klimakrise sei nämlich „sehr politisch und emotional geprägt. Durch Falschinformationen verlieren wir den Blick für das Wichtige, nämlich die Bewohnbarkeit unseres Planeten.“

„Habitable“ möchte diesen Blick für Jung und Alt korrigieren.

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3 Kommentare

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  • Wird ja auch gerne mit Filmen probiert: das Medium als pädagogisches Transportmittel. Nur wie der Film als Film funktionieren muss, so muss auch das Spiel als Spiel funktionieren. Hier hat jemand keine Ahnung von Brettspielen. Brettspiele sind nicht inklusiv, denn inklusiv bedeutet, auf die Langsamen zu warten. Das tut niemand zum Zeitvertreib. Erwachsene spielen Kinderspiele nur mit ihren Kindern gern.

  • "Habitable“ möchte diesen Blick für Jung und Alt korrigieren."

    Ein Spiel sollte ein Spiel sein. Und nicht die Zielsetzung haben, Dialoge zwischen den Generationen anzustossen. Ansonsten impliziert die Idee schon, dass es Unterschiede zwischen den Generationen gibt - im Hinblick auf physikalische, astonomische Gesetzmäßgkeiten. Die gibt es natürlich nicht. Und selbst bei der Bewertung der Klimakrise geht der Riss nicht zwischen den Generationen, sondern zB zwischen arm und reich, oder ob man der Wissenschaft traut. Wer das letztere nicht macht, wird dann auch kein Wissenschaftsspiel spielen.

    • @fly:

      Vesteht Sie nicht? Natürlich gibt es Unterschiede zwischen Individuen, zwischen Generationen, zwischen Mann und Frau, Arm und Reich. Warum sollten die nicht - spielerisch - zu einem Dialog angestoßen werden? Gerne auch zu einem aktuellen Thema. Diese Zielsetzung impliziert erstmal gar nichts.