Bremer Schifffahrt: Kaum noch Wasser unterm Kiel
Noch haben sich die mittelständischen Reedereien Bremens von der Wirtschaftskrise nicht erholt. Der Container-Preiskampf der Branchenriesen wirkt nach.
Bremen taz | Die Lage der Bremer Reedereien bleibt angespannt. Überkapazitäten, Wirtschafts- und Bankenkrise stellen kleinere Reeder weiterhin vor große Schwierigkeiten, so die Jahresbilanz des Bremer Rhedervereins. In der zweiten Hälfte 2011 seien die Märkte in der Containerschifffahrt erneut eingebrochen. Das könnte weiter zu Konkursen führen.
„Es ist ein gestörter Markt, er ist aus den Fugen geraten“, sagt Robert Völkl, Geschäftsführer des Rhedervereins. Mit 25 Reedereien sind darin fast alle ansässigen Schiffs-Vermieter vertreten. Diese sogenannten Tramp-Reedereien vermieten ihre Schiffe an die größeren Container-Reedereien, die die Verschiffung der Ladung organisieren.
Der Preiskampf der Branchenriesen um Frachtraten hat jedoch auch den mittelständischen Reedereien zu Schaffen gemacht. Große Container-Reedereien wie Maersk oder Hapag-Lloyd unterboten sich im letzten Jahr: Während die Verschiffung eines Containers von Asien nach Europa 2010 noch bei 1.600 US-Dollar lag, sank der Preis Ende 2011 auf 650 US-Dollar – kostendeckend wäre ein Preis von 1.100 US-Dollar. Die niedrigen Frachtraten sind von den Container-Reedereien an die Tramp-Reedereien weitergegeben worden.
Mittlerweile liege der Preis für die Strecke zwar wieder bei etwa 2.000 US-Dollar, so Völkl. Allerdings wirke der Preiskampf langfristig nach. Denn er habe die Nachfrage nach extrem großen Schiffen erhöht, weil die pro Container günstiger sind. „Die Reederei Maersk hat aktuell zehn Schiffe mit 18.000 TEU bestellt“, sagte Völkl zur taz. TEU steht als Einheit für einen 20-Fuß-langen Container. Die Schiffe der Bremer Reeder sind kleiner, laden zwischen 2.000 und 8.000 TEU.
Man unterscheidet Tramp-Reeder, die ihre Schiffe nur vermieten, von Containerlinien-Reedereien, welche auch die Container-Logistik übernehmen.
Der Bremer Rhederverein umfasst 25 Tramp-Reeder mit insgesamt 400 Schiffen.
TEU steht für Twenty Foot Equivalent Unit, was einem 20-Fuß-Standardcontainer entspricht.
Die größte Container-Reederei ist Maersk mit einer eigenen Flotte von 550 Schiffen.
„Derzeit gibt es mehr Platz als Ladung“, so Völkl. Das Aufkommen der riesigen, bis zu 400 Meter langen Frachtschiffe verändere so die gesamte Branche. Die bislang größten Schiffe mit Kapazitäten bis zu 14.000 TEU weichen auf Routen aus, die eher von kleineren Frachtern befahren werden, etwa zwischen Europa und Südamerika, und verdrängen dort wiederum kleinere Schiffe. Ein „Kaskadeneffekt“, so Völkl, von dem dann auch Bremer Reeder betroffen sind.
Durch die Bankenkrise stiegen zudem die Zinsen für Kredite, was für die Branche entscheidend ist: Schiffe sind mit bis zu 60 Prozent über Banken finanziert. Der Spielraum schiffsfinanzierender Banken wie der Bremer Landesbank wird enger.
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