Bremer SPD-Wirtschaftssenator dankt ab: Der Bremser
Martin Günthner zieht sich nach der Wahlschlappe der SPD vom Posten des Bremer Wirtschaftssenators zurück. Er war fast zehn Jahre im Amt.
Also: „Es hat Reibungsverluste gegeben, und ich habe Bremsspuren hinterlassen“, bilanziert Günthner. Im Jahr 2010 war der Studienabbrecher ohne andere Qualifikation als sein SPD-Parteibuch und den Wohnort Bremerhaven, der laut Verfassung im Senat repräsentiert sein muss, in Bremens Regierung gewechselt. Sein Abgang erfolge „aus persönlichen Gründen“. Er habe nach der Wahlschlappe der SPD festgestellt, dass mit der progressiven rot-grün-roten Mehrheit „ein Neuanfang sicher möglich sei, aber nur mit personeller Erneuerung“.
Und nein, nein, nein, das solle ganz sicher kein Wink mit dem Zaunpfahl sein Richtung Carsten Sieling, „das muss jeder für sich entscheiden“, sagt er. Und gibt zu bedenken, dass so eine Überlegung „sicher schwerer fällt, wenn man unter Beschuss steht“, da sei es „ein Vorteil, dass niemand gesagt hat, der Bremerhavener Wirtschaftssenator muss zurücktreten“. Nun ja, vielleicht hat er’s auch nur überhört.
„Wir haben vieles erreicht“, findet Günthner und nennt als Verdienst, dass in Bremerhaven die Arbeitslosigkeit auf dem niedrigsten Stand seit Mitte der 80er-Jahre sei: „Das ist etwas, worauf man als Wirtschaftssenator stolz sein kann.“ Dass das Realeinkommen gleichzeitig gesunken ist, bleibt unerwähnt. Und dafür, dass Bremen trotz einer „Ausbildungsgarantie“ jährlich 3.000 Ausbildungsinteressierte unversorgt lässt, die Zahl der Ausbildungsverträge seit Beginn seiner Amtszeit gesunken ist und Bremen von allen westlichen Bundesländern laut Bundesinstitut für Berufsbildung die schlechteste Versorgungsquote hat, nein, dafür kann er nix, und er hält es nicht für ein Scheitern: „Hätten wir da nichts getan“, sagt er, „sähe es noch schlechter aus.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste