Bremer Kliniken: Nachfolgersuche ohne Vorwarnung
Die Leitung der Gesundheit Nord will, dass weitere Chefärzte gehen. Unterdessen stoppt das Klinikum Nord wegen resistenter Keime vorübergehend die Notaufnahme
Viel Kritik gab es in den letzten Tagen an der Entlassung des Chefarztes der Neonatologie, Hans-Iko Huppertz. Der Klinikverbund Gesundheit Nord (Geno) hatte den Kinderarzt wegen der Todesfälle bei Frühgeborenen rausgeworfen - ein Bauernopfer, sagen viele. Doch Huppertz ist nicht der einzige Geno-Chefarzt, der seinen Posten verliert.
Wie die Geno mit ihren Beschäftigten umgehen möchte, das ist in der "Mission" des Klinikverbundes beschrieben: Als "attraktiver Arbeitgeber" mit "interessanten, sicheren und familienfreundlichen Arbeitsplätzen." Der Umgang miteinander sei "fair, wertschätzend, fordernd und fördernd."
Das gilt offenbar nicht für alle. Denn seit kurzem sucht die Geno nach zwei Chefärzten für die Kliniken für Anästhesiologie und Schmerztherapie und für die Klinik für Intensivmedizin und Notfallmedizin. Kandidaten mit "ausgeprägter Teamfähigkeit und einem kooperativen Führungsstil" können sich bis in zwei Wochen bewerben. Doch die bisherigen Stelleninhaber wussten davon nichts - sie haben erst von der Ausschreibung erfahren haben, als sie die entsprechende Anzeige im Deutschen Ärzteblatt entdeckten.
Einer von ihnen ist der derzeitige Chefarzt der Anästhesie, Intensivmedizin und Schmerztherapie in Bremen-Ost, Hubertus Rawert. Er hat sich einen Rechtsbeistand genommen, will sich aber nicht zu der Sache äußern. Mancher im Klinikum hat den Verdacht, dass der als kompetent geltende Rawert nicht länger Chefarzt sein soll, weil er den Sanierungskurs nicht so mitgetragen hat, wie Geno-Chef Diethelm Hansen sich das vorstellt.
Die Gesundheit Nord stellt den Vorgang anders da: Die Abteilungen für Narkose- und Notfall-Medizin in Bremen-Mitte und Ost werden fusioniert. Der derzeitige Klinikdirektor aus Mitte, Johann Kamp, gehe in den Ruhestand, daher die Ausschreibung. Tatsächlich sei es so, dass die "Kommunikation über die Ausschreibung nicht sehr glücklich gelaufen ist", sagt Geno-Sprecher Daniel Goerke. Nun aber seien "alle Beteiligten im Dialog und sitzen an einem Tisch." Er sei "zuversichtlich, das eine für alle zufriedenstellende Lösung gefunden" wird. Wie die aussehen könnte, darüber wolle er aber "nicht spekulieren", so Goerke. Die neuen Chefärzte müssten sich "nicht zwangsläufig" aus den Reihen der alten rekrutieren.
Manche fürchten, dass die Neubesetzung unter anderem dem Ziel dienen soll, die Auslastung der Betten nach oben zu treiben. Bisheri ließen die Abteilungen Betten sperren, wenn das Personal überhaupt nicht mehr für die Betreuung aller Betten ausreichte. Notarztwagen mussten Verletzte dann in andere Krankenhäuser bringen. Die Geno kostet diese Praxis Geld.
Am Mittwoch hatte Hansen im Weser-Kurier die Entlassung des Kinderarztes Huppertz verteidigt. Die sei "absolut richtig" gewesen. Huppertz sei seiner "medizinischen Verantwortung unzureichend nachgekommen". Ebenfalls am Mittwoch stoppte das Klinikum Bremen-Nord vorübergehend die Aufnahme von Patienten auf der Intensivstation, nachdem bei vier Patienten der "MRSA"-Keim festgestellt wurde. Dieser Keim komme immer wieder vor und sei nicht mit dem dramatischen Geschehen im Klinikum Mitte vergleichbar, sagte eine Sprecherin zu Radio Bremen. Der Aufnahmestopp wurde wieder aufgehoben.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Weltpolitik in Zeiten von Donald Trump
Schlechte Deals zu machen will gelernt sein
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links
Emotionen und politische Realität
Raus aus dem postfaktischen Regieren!
Einführung einer Milliardärssteuer
Lobbyarbeit gegen Steuergerechtigkeit
Berlinale-Rückblick
Verleugnung der Gegenwart