: Bremer Handschrift entwickeln
■ Dirk Hansen, zukünftiger Programmchef von Radio Bremen, will auch in Zukunft ARD-taugliches produzieren – aber wo?
Am 1. September wird Dirk Hansen sein neues Amt als Programmdirektor Hörfunk und Fernsehen von Radio Bremen (RB) antreten. Mit der taz sprach er über Standorte, Tatorte und die Reihe „Pro Musica Nova“.
taz: Waren Sie überrascht, als Ihnen Intendant Glässgen den Posten als Programmdirektor angetragen hat?
Dirk Hansen: Es war nur eine Rest-Überraschung. Seit dem Beginn des Roland-Berger-Prozesses, der uns alle durcheinander wirbelt, gibt es viele Automatismen einer guten alten ARD-Anstalt nicht mehr, inklusive ihrer Personalentscheidungen.
Bei der Frage, ob ich mir den Job zutraue, habe ich nicht lange gezögert.Ich will, dass die Neu-Orientierung von Radio Bremen vorangetrieben wird, dass wir uns auseinandersetzen und die Probleme nicht wegdrücken.
Allerorten wird über neue Standorte für Radio Bremen spekuliert. Aber kann sich der Sender einen Umzug überhaupt leisten?
In den Umzugskosten, von denen jetzt viel die Rede ist, sind ja auch die Kosten für die sowieso notwendige technische und organisatorische Umgestaltung enthalten. Zukunftsfähigkeit heisst ja nicht, dass man hin und wieder mal ne Glühbirne auswechselt.
Was für Strukturen halten Sie für notwendig?
Wir müssen uns in einen öffentlich-rechtlichen Kern und einen Rand ausdifferenzieren, an den private Firmen andocken können. Das ist mit dem Begriff „Medienkompetenzzentrum“ gemeint.
Welchen Standort favorisieren Sie dafür?
Jetzt liegen die Rechenexempel auf dem Tisch, noch dieses Jahr werden die Gremien entscheiden. Aber ich glaube, dass selbst der sehr teuer klingende Standort Faulenquartier machbar ist. Natürlich setzen wir auch auf die übliche Standortförderung für die Firmen, die sich am Rand ansiedeln könnten.
An der Standortfrage hängt ja auch der Verbleib von Produktionskapazität. Wieviel eigenes Programm soll Radio Bremen noch machen?
Wir müssen mit „buten un binnen“ und Hörfunk unsere regionale Kompetenz sichern. Zum Zweiten ist für unser Selbstverständnis und unsere Existenzberechtigung der Markt ARD sehr wichtig, also insbesondere unsere Fernsehbeiträge. Im Hörfunk haben wir ja schon viele Reformen angeschoben, jetzt müssen wir auch im Fernsehbereich den ARD-Gedanken weiter schärfen. Noch haben wir alle Genres und kreative Leute, die für Grimme-Preise vorgeschlagen werden, also in der „Bundesliga“ spielen können. Die würden mit Kusshand überall in der ganzen Republik genommen, wenn wir sie nicht halten.
Apropos „Programmschärfung“. Wie könnte sich denn zum Beispiel der Bremer „Tatort“ profilieren?
Wir entwickeln eine Bremer Handschrift, was aber nichts mit Folklore zu tun hat oder meint, dass immer der Roland im Bild ist. Nach den letzten Tatorten sehe ich durchaus eine nach oben weisende Linie. Die Figuren werden konturierter. In unserem schönen, gemütlichen Bremen kann natürlich keine toughe Hauptstadt-Komissarin auf Gangster-Jagd gehen.
Noch eine Programm-Frage: Wie sehen Sie die Bedeutung der „Pro Musica Nova“-Reihe für Radio Bremen?
Zu den Programm-Grundsätzen, wie sie im Radio-Bremen-Gesetz stehen, gehört ausdrücklich, dass wir uns als Teil der regionalen Kultur definieren und zu ihr beitragen – das geschieht mit dieser sehr traditionsreichen Reihe. Ich werde sehr häufig darauf angesprochen. Aus inhaltlichen Gründen wäre also niemand darauf gekommen, sie in Frage zu stellen. Aber neben dem Inhalt müssen wir auch nach den Finanzen und der Zukunftsträchtigkeit fragen.
Fragen: HB
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