Brasiliens Ultrarechte gegen Supermodel: Die Schöne und das Biest
Brasiliens Rechtsaußen-Regierung knöpft sich einen Superstar des Landes vor: Model und Umweltschützerin Gisele Bündchen.
In einem Interview mit dem Radiosender Jovem Pan ereiferte sich Landwirtschaftsministerin Tereza Cristina Corrêa da Costa Dias über die Kritik, die das Supermodel an der fortschreitenden Rodung des Regenwaldes geübt hatte: „Es ist absurd, was diese Leute heute mit dem Image Brasiliens machen. Leider sind das schlechte Brasilianer.“ Leute wie Gisele Bündchen verbreiteten ein negatives Bild, das nicht der Wahrheit entspreche – schließlich habe kein Land so strenge Naturschutzgesetze wie Brasilien, ärgerte sich Tereza Cristina.
Bündchen hatte 2017 ein Video gepostet, in dem sie für eine Petition gegen die Auflösung von Regenwaldschutzgebieten ausgerechnet durch die linke Präsidentin Dilma Rousseff wirbt. Der Amazonaswald ist der größte tropische Regenwald und durch expandierende Sojafelder und Minenarbeiten bedroht. Es war nicht das erste Mal, dass sich das mit schätzungsweise 400 Millionen Dollar Vermögen reichste und bestbezahlte Model der Welt für die Umwelt einsetzte. 2009 wurde Bündchen UN-Sonderbotschafterin für Umweltfragen; ein Anteil der Einnahmen aus ihrer Modelinie, der Sandalenmarke Ipanema, fließt in die Erhaltung des Regenwaldes. Teile ihrer astronomisch hohen Gagen spendete sie an das Null-Hunger-Programm von Brasiliens Ex-Präsident Lula da Silva. Daneben tritt sie für weltweite Energiesicherheit aus nachhaltigen Rohstoffen ein und für Walfangverbote.
Gisele Bündchen, geboren 1980 in Horizontina, im südlichsten Bundesstaat Rio Grande do Sul, wuchs mit fünf Schwestern in einer Familie deutscher Herkunft auf. Mit 17 wurde sie für den Pirelli-Kalender abgelichtet. Nach unzähligen Zeitschriftentiteln und Laufstegauftritten gelang ihr 1999 der Durchbruch, als sie von der Vogue zum „Model des Jahres“ gewählt wurde. Nach Prinzessin Diana und US-Sängerin Britney Spears war keine Frau häufiger auf Magazintiteln abgebildet als die heute 38-Jährige.
Wenngleich im ganzen Land beliebt und gefeiert, wird die mit ihrem Mann, dem Footballspieler Tom Brady, und ihren Kindern in den USA lebende Brasilianerin auch angefeindet, besonders aus der rechten Ecke. Trotzdem täte die brasilianische Regierung gut daran, Bündchens Einfluss nicht zu unterschätzen. Auf Twitter folgen ihr allein auf ihrem offiziellen Account @giseleofficial knapp 5 Millionen User*innen, auf Instagram sind es 15 Millionen. Landwirtschaftsministerin da Costa Dias schob über Twitter denn auch nach, Bündchen werde demnächst eine Einladung bekommen, sie könne Botschafterin des Landes werden. Die hat bislang weder auf die Kritik noch auf die Einladung reagiert. Bei ihrem Hintergrund ist es schwer vorstellbar, dass sie sich für die Bolsonaro-Regierung einspannen lässt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israel, Nan Goldin und die Linke
Politische Spiritualität?
Matheleistungen an Grundschulen
Ein Viertel kann nicht richtig rechnen
Innenminister zur Migrationspolitik
Härter, immer härter
Nikotinbeutel Snus
Wie ein Pflaster – aber mit Style
Prozess gegen Letzte Generation
Wie die Hoffnung auf Klimaschutz stirbt
Börsen-Rekordhoch
Der DAX ist nicht alles