Brand in Londoner Hochhaus: Lektion aus dem Grenfell-Tower
Ein Hochhaus brennt, die Evakuierung verläuft gut, Tote gibt es nicht. Ganz anders als bei dem verheerenden Brand von 2017.
„Spectrum House“, ein großes Wohnhaus mit 60 Wohneinheiten in Dagenham am Londoner Ostrand, brannte am frühen Montag. Binnen weniger Minuten waren über 225 Einsatzkräfte der Feuerwehr herbeigeeilt, die Bewohner:innen wurden sofort evakuiert und das Feuer erfolgreich bekämpft. Alles gutgegangen also.
Beim Grenfell Tower hatte die Feuerwehr den Menschen nach Brandausbruch stundenlang geraten, in ihren Wohnungen zu bleiben – ein fataler Fehler, der zur ungewöhnlich hohen Opferzahl geführt hatte. Diesmal konnten über 80 Personen, darunter junge Familien, evakuiert werden, nur zwei Personen benötigten weitere Behandlung in einem Krankenhaus.
Noch ist nicht klar, was der Brandauslöser war. Bekannt war jedoch, das wussten auch die Einsatzkräfte, dass dem Wohnhaus verschiedene Brandrisikofaktoren zugeschrieben wurden. So bestand die Außenfassade zum Teil aus brennbarem Material. Außerdem stand ein Baugerüst um das Haus, da eine Firma gerade die brennbaren Teile der Außenfassade in den Dachetagen austauschte.
Intitiative um brennbare Dämmamterialien zu entfernen
Nach dem Grenfell-Inferno hatte die britische Regierung Milliardenbeträge bereitgestellt, um brennbare Außenfassaden und Dämmungsmaterialien von Hochhäusern zu entfernen. Doch vielerorts kam es zu langen Verzögerungen, etwa aufgrund unklarer Zuständigkeiten – wer in einem Hochhaus eine Wohnung besitzt, besitzt damit nicht das Hochhausgrundstück selbst.
Dies scheint bei Spectrum House ebenso der Fall zu sein. Lange wurde darüber gestritten, wer in solchen Fällen für die kostspielige Sanierung verantwortlich ist. Die britische Regierung stellte schließlich weitere Fonds zur Verfügung und wies die Grundbesitzer an, die Kosten zu tragen.
Die Sanierungen werden nun, das Grenfell-Tower-Inferno ist noch in schlechter Erinnerung, monatlich von der Regierung überprüft. Laut dem letzten Regierungsbericht gab es Ende Juli insgesamt noch 4.630 bewohnte britische Häuser mit einer Höhe von über elf Metern mit brennbaren Außenfassaden inklusive Dämmungsmaterial. Bei der Hälfte davon hätten Sanierungen jedoch begonnen oder seien im Fall von 1.350 Häusern abgeschlossen.
Der Verantwortliche der Londoner Labour-Stadtregierung für Wohnungspolitik, Tim Copley, gab im Juni an, dass generell solche Sanierungsarbeiten viel zu lange dauerten. Somit stellt sich die Frage, ob Spectrum House früher hätte saniert werden können und dann nicht gebrannt hätte. Am 4. September wird in London der Abschlussbericht der öffentlichen Grenfell-Tower-Untersuchung erwartet.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“