Boxweltmeister aus Russland abgeschoben: An Belarus ausgeliefert
Ein belarussischer Sportler wird von den russischen Behörden an Belarus übergeben, weil er dort einen Polizisten geschlagen haben soll.
Am Mittwoch hatte ein Moskauer Berufungsgericht die Klage von Kudins Anwälten gegen die geplante Auslieferung abgewiesen. Noch in letzter Minute hatten die Anwälte von Kudin ein Auslieferungsverbot nach Belarus durch eine Eilentscheidung des Europäischen Menschengerichtshofes in Straßburg erwirkt. Doch auch dieses konnte die russischen Behörden nicht mehr abhalten.
Kudin hatte am 10. August vergangenen Jahres nur einmal kurz vor die Tür gehen wollen, um zu erfahren, ob auch bei seinen Nachbarn das Internet ausgefallen war. Was sich vor seinen Augen abspielte, war ein Bild des Schreckens und der Gewalt gegen Demonstranten durch OMON-Sonderpolizisten. Als er dann von einem Polizisten unsanft aufgefordert worden war, die Straße zu verlassen, hatte er diesen geschlagen.
Wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt drohen dem 37-jährigen Sportler nun fünf Jahre Haft in Belarus. Um einer langjährigen Haft zu entgehen, war der Vater von fünf Kindern am 18. November nach Moskau geflohen. Doch lange konnte der Mann, der sich bis zum 9. August 2020, dem Tag der Präsidentschaftswahlen, immer als unpolitisch verstanden hatte, nicht in Freiheit verbringen.
Asylgesuch abgelehnt
Am 21. Januar wurde er dort aufgrund eines belarussischen Auslieferungsgesuchs festgenommen. Sein Asylgesuch wurde von den russischen Behörden abgelehnt. Bei von der World Association of Kickboxing Organisations (WAKO) veranstalteten Weltmeisterschaften hatte er zwei Goldmedaillen und eine Silbermedaille, im Thaiboxen hatte er bei Weltmeisterschaften fünfmal Gold geholt.
Die russische Menschenrechtsorganisation Memorial verurteilt die Auslieferung von Kudin, kann es nicht fassen, dass Russland eine Entscheidung des Menschengerichtshofes von Straßburg – wieder einmal – missachtet hat. Zum Vorwurf der Gewalt gegen die Staatsgewalt, meint Memorial: „Wir haben keinen Zweifel daran, dass die Handlungen Kudins eine erforderliche Reaktion auf rechtswidrige Handlungen der Milizionäre war.“
Gegenüber dem russischen Fernsehsender „Doschd“ erklärte Kudins Ehefrau Tatjana Parchimowitsch, ihr Mann habe sich am 10. August nur verteidigt, die Milizionäre seien nur leicht verletzt gewesen. „Wenn Ljoscha wirklich zugeschlagen hätte, hätte dies zu schweren Verletzungen geführt“, so die Ehefrau. Sie fürchtet, dass die belarussischen Machthaber nun einen Schauprozess gegen ihren Mann durchführen werden, der alle kritischen Bürger*innen abschrecken soll.
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