■ Kommunalwahl in Italien: Schlappe für die Lega Nord: Bossi will in die Berge
„Die Wahl war ein rassistischer Akt!“ tönt Umberto Bossi, Chef der Lega Nord, der ansonsten alle Italiener außer seine Lombarden für Untermenschen hält. Grund der Aufregung: Die Lega hat in Mailand den Bürgermeisterposten verloren. Mailand, aber auch Turin und Triest seien so sehr von „Südlichtern“ überschwemmt, daß die angestammte Bevölkerung, die „Poebenen-Menschen“, gar keine Chance mehr zur eigenen Artikulierung haben.
Was wie eine bizarre Stammtischparole klingt, sollte nicht auf die leichte Schulter genommen werden. Der Aufruf Bossis – „die Poebenen-Menschen müssen nun eben in die Berge gehen“ – ist eine nur dürftig verklausulierte Drohung. „In die Berge gehen“ – das bedeutet in Italien, sich dem Staat zu entziehen und gegen ihn zu kämpfen. Bossi bereitet eben dieses Projekt bereits vor. Seit im letzten Herbst seine als machtvolle Demonstration des Separationswillens geplante Menschenkette entlang des Po mangels Beteiligung zum Desaster wurde, baut er an eine militanten Struktur innerhalb seiner Partei, mit der er Rom unter Druck setzen kann. So hat er bereits eine paramilitärische, uniformierte Truppe zusammengestellt, die bald Regimentsstärke erreichen soll. Noch bietet sie sich als Saalschutz und Straßenordner dar, doch sie künftig zu bewaffnen, ist ein leichtes.
Auch wenn Bossi in der Wahlnacht seinen Rücktritt angeboten hat, ist noch unsicher, ob der Mailänder Mißerfolg ihn zu bremsen vermag. Bislang hat er sich nach solchen Niederlagen eher radikalisiert. Noch vor den Parlamentswahlen im letzten Jahr schien er dem radikalen Separatismus abgeschworen zu haben und sich in Richtung Föderalismus zu orientieren. Die Wahl brachte ihm allerdings nicht genug Stimmen, um an der Regierung beteiligt zu werden.
Prompt verkündete er die baldige Sezession der „Poebenen-Republik“. Im Juni nun will Bossi ein Referendum über die Abspaltung der Nordens von Rom abhalten, im September seine eigene Regierung bilden und alle „römischen Institutionen“ aus „seinem“ Land hinauswerfen, ja sogar seine eigene Währung einführen. Und klappt das nicht, dann geht's eben ab in die Berge. Dann könnte nötig werden, was der römischen Administration voriges Jahr mangels Teilnahme der Nordleute am Bossi-Vorhaben noch erspart geblieben ist: eine klare Entscheidung, wie die nationale Regierung mit der Sezession umgehen will. Werner Raith
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