Bonner Klimaschutzverhandlungen: Uneinig in die Katastrophe
Ergebnislose Verhandlungen in Bonn gefährden neues UN-Abkommen zum Klimaschutz. Umweltschützer kritisieren eine schwache EU und die Blockadehaltung der USA.
BERLIN taz | Ein ambitioniertes Klimaabkommen, das Ende des Jahres in Kopenhagen verabschiedet werden soll, ist stark gefährdet. Die vorbereitenden UN-Verhandlungen in Bonn gingen am Freitag ohne nennenswerte Fortschritte zu Ende. "Die Verhandlungen haben sich im Kreis gedreht", sagte Karsten Smid, Klimaexperte bei Greenpeace. Der Knackpunkt sei das Scheitern der Industriestaaten, sich gemeinsam auf Zahlen zur Treibhausgas-Verringerung zu einigen. "Mit den bisherigen Vorschlägen liegen die Industriestaaten zusammengerechnet bei acht bis 14 Prozent bis 2020, während Klimawissenschaftler ein Minus von 25 bis 40 Prozent fordern." Neben den Reduktionszielen war die Finanzierung von Klimaschutzprojekten in Schwellen- und Entwicklungsländern ein zentraler Aspekt bei den Verhandlungen. "Aber das ist alles an den Einzelinteressen der Industriestaaten gescheitert", sagte Smid.
Die USA legten zwar am Abschlusstag überraschend noch einen eigenen Vorschlag für ein Klimaabkommen vor. Darin blieben sie jedoch nach Greenpeace-Aussage sehr vage und nennen weiterhin keine ambitionierten Zahlen. Die Amerikaner warteten weiterhin ab, welches nationale Klimagesetz der Kongress beschließen werde. Auch die EU präsentierte sich keineswegs als Musterschüler in Sachen Klimaschutz. "Die Europäer haben eine schwache Rolle gespielt", sagte Sonja Meister von Friends of the Earth Europe. Vor allem die Knackpunkte, wie etwa die finanzielle Zusage an Entwicklungsländer, hätte die EU nicht angetastet.
Die Entwicklungsländer zeigten sich derweil mehr als enttäuscht und legten in ihren Äußerungen mittlerweile "eine schärfere Gangart ein", sagte Jan Kowalzig von der Entwicklungsorganisation Oxfam. "Und das ist auch angemessen, da sich in den entscheidenden Fragen nichts getan hat."
Bis Dezember stehen noch drei weitere UN-Treffen an. Was dann in Kopenhagen folgt, mögen Verhandlungsbeobachter noch nicht abschätzen. So konnte sich die Arbeitsgruppe Kyoto noch nicht einmal darauf einigen, einen gemeinsamen Verhandlungstext einzureichen. Stattdessen werden nun einzelne Länder eigene Vorschläge machen.
Die Leiterin der deutschen Delegation, Nicole Wilke, ist dennoch zufrieden. "Ich bin überzeugt davon, dass wir in Kopenhagen einen Erfolg haben werden. Es liegt alles auf dem Tisch, was gebraucht wird", sagte Wilke zur taz. Auf dem Tisch liegen nach den Verhandlungen in Bonn jetzt gut 300 Seiten.
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