: Bonner Anhörung zur Colonia Dignidad
■ Die obskure deutsche Siedlung im Süden Chiles beschäftigt heute den Bundestagsausschuß für Menschenrechte
Bonn (taz) – Mit der Colonia Dignidad, einer deutschen Siedlung im Süden Chiles, wird sich heute der Bundestagsausschuß für Menschenrechte und humanitäre Hilfe befassen. Zur öffentlichen Anhörung werden der Arzt Hartmut Hopp, führendes Mitglied der Colonia Dignidad sowie ehemalige Bewohner der Siedlung, die geflüchtet sind, erwartet. Außerdem kommen zwei frühere Botschafter in Santiago, Erich Strätling und Hermann Holzheimer, der Münchner CSU-Stadtrat Wolfgang Vogelsgesang, der Würzburger Soziologieprofessor Lothar Bossle (CSU), der ehemalige Generalsekretär der bundesdeutschen Sektion von „amnesty international“ (ai), Helmut Frenz, und der Journalist Gero Gemballa. Die beiden Ex-Botschafter sowie Vogelsgesang und Bossle haben sich mehrfach positiv über die Siedlung geäußert, auch nachdem ai bereits 1977 über Folter, Gehirnwäsche und Freiheitsberaubung in der vom Sektenführer Paul Schäfer geleiteten Kolonie berichtet hatte. Nachdem CDU-Generalsektretär Heiner Geißler nach einem Besuch in Chile 1987 eine härtere Gangart gegen die Colonia Dignidad gefordert hatte und nach einer Reihe neuer Enthüllungen über die skandalösen Zustände in der Siedlung, scheinen nun die CSU-Freunde derselben die Front zu wechseln. Eine Politik der Schadensbegrenzung ist offenbar angesagt. Gegenwärtig ermitteln chilenische Gerichte auf Bitten des Landgerichts Bonn gegen die Colonia Dignidad. Die Vertreter der Siedlung versuchten, über gerichtliche Anträge einen Ortstermin auf ihrem Gelände zu verhindern. Doch hatte eine Richterin in Santiago am 22.12.87 alle diese Anträge bis auf einen abgelehnt. Nicolaus Kusan
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