: Bonn erklärt den Rausschmiß von Flüchtlingen aus der Botschaft in Jakarta: Alles war nur ein Versehen
Junge Ost-Timoresen protestierten am Mittwoch vor der deutschen Botschaft in Portugal gegen den Rausschmiß acht ihrer Landsleute aus der deutschen Botschaft in Jakarta. Die Männer waren in der Nacht zu Dienstag in Bonns diplomatischer Vertretung in Indonesien eingedrungen, um Asyl zu begehren. Statt auf Diplomaten trafen sie auf Wachpersonal, das sie vor die Tür beförderte. Dort warteten indonesische Militärs, die die Flüchtlinge verprügelten. Zweien gelang die Flucht, die sechs anderen wurden mehrere Stunden festgehalten. Nach Informationen der taz waren gestern alle wieder frei.
Die deutsche diplomatische Vertretung ist die erste Botschaft in Jakarta, die Ost-Timoresen Asyl verwehrt. Die ehemalige portugiesische Kolonie Ost-Timor war 1975 von Indonesien besetzt worden. Seither dringen immer wieder Berichte über Massaker und schwere Menschenrechtsverletzungen aus dem besetzten Land. Ost-Timoresen erhalten in Portugal automatisch die portugiesische Staatsangehörigkeit – vorausgesetzt sie kommen bis dorthin. Ein Weg führt über Botschaften in Jakarta. Aber da Portugal keine diplomatischen Beziehungen zu Indonesien unterhält, sind Flüchtlinge auf die Hilfe anderer Diplomaten angewiesen. Seit September war so 72 Ost-Timoresen die Flucht gelungen.
Das Bonner Auswärtige Amt schiebt dem indonesischen Wachpersonal in der Botschaft die Alleinschuld zu. Mitglieder des privaten Sicherheitsdienstes hätten die Asylsuchenden zurückgejagt, ohne den Bereitschaftsdienst der Botschaft oder den Hausmeister zu informieren, erklärte Außenamtssprecher Martin Erdmann. Ein solches Verhalten sei nicht zu billigen. Etwas anders stellt es dagegen Dieter Lamle, der Presseattaché der Botschaft dar: Die Ost-Timoresen seien „in Empfang genommen und davon überzeugt“ worden, „die Botschaft so schnell wie möglich zu verlassen“. Dabei sei „sanfte Gewalt“ angewendet worden.
Gestern bestellte das Auswärtige Amt den Botschafter Indonesiens in Bonn ein, um gegen die Mißhandlung der Flüchtlinge zu protestieren. Auch Bonns Botschafter in Jakarta Heinrich Seemann überreichte eine Protestnote. Am Mittwoch hatte sich der portugiesische Botschafter in Bonn im Auswärtigen Amt den Rausschmiß erläutern zu lassen. Dort hieß es: Alles war ein Mißverständnis, man habe die Flüchtlinge für Einbrecher gehalten. Gestern kletterten vier Ost-Timoresen in die niederländische Botschaft in Jakarta. Sie durften bleiben. Foto: Reuter
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