■ Bonn apart: Ein Stones-Fan vom Rhein
Ein Junge hat einen Traum. Er möchte ein Konzert der Rolling Stones in seiner Heimatstadt erleben. Wer könnte das nicht verstehen? Nun gibt es solche und solche Jungen. Die einen haben nicht genug Geld für eine Eintrittskarte. Andere wohnen in Orten, wo die Rolling Stones im Leben nicht auftreten würden. Die haben leider Pech gehabt. Dann gibt es noch andere Jungen.
Die dürfen auf Briefpapier mit dem deutschen Bundesadler drauf und somit fast im Namen des deutschen Volkes den Auftritt der Rolling Stones fordern. Die dürfen darin Oberbürgermeisterinnen, die sich nicht mit Leib und Leben für ein Konzert der Rolling Stones einsetzen, als „ignorant“ bezeichnen. Und die dürfen diese Briefe an „alle Medien“ schicken, ohne dafür auch nur einen Pfennig aus ihrer Privatschatulle zahlen zu müssen. Ja, da können die anderen Jungen nur große Augen machen.
Nehmen wir Guido Westerwelle, den gefürchteten Generalsekretär der FDP. Auch er war mal ein Junge. Und manchmal ist er das eben heute noch. Guido hat zeitlebens in Bonn gelebt, immer in demselben Sprengel, und so soll es möglichst bleiben. Ohnmächtig mußte er mitansehen, wie Bonn seit der Wiedervereinigung vom Nabel zum Blinddarm Deutschlands degradiert wurde. Und dann sollen auch noch die Rolling Stones durch Versagen der Stadtverwaltung an Bonn vorüberziehen?
Es sei ein „dörflicher Treppenwitz“, poltert Guido, daß ein Konzertveranstalter, der die Rolling Stones nach Bonn bringen möchte, mit dem Grünflächenamt verhandeln müsse. Woanders sei das Chefsache. Die Interessen der Spaziergänger in der Rheinaue in allen Ehren, aber Bonn solle schließlich nicht zum Altersruhesitz für Köln verkommen. Bundesweit amüsiere man sich bereits über den „dörflichen Charakter“ der Bonner Politik, pardon „Bonner Lokalpolitik“.
In seinem zweiten Schreiben läßt Guido die Katze aus dem Sack. Aus der Affäre Grünflächenamt werde eine Affäre der Oberbürgermeisterin. Nachtigall, ich hör' dich trapsen. Sieht Guido etwa doch noch eine Möglichkeit, in seinem geliebten Bonn zu bleiben? Als Oberbürgermeister der ehemaligen Hauptstadt könnte er womöglich bei den Rolling Stones mitspielen. Markus Franz
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