Boing-Dreamliner: Verschobener Jungfernflug
Der Dreamliner des Flugzeugbauers Boeing hat ähnliche Startschwierigkeiten wie sein Erzkonkurrent Airbus. Die Auslieferung verzögert sich mindestens um sechs Monate.
Die Puzzlemethode scheint für Flugzeuge einfach nicht das richtige zu sein. Gerade mal zwei Jahre ist es her, dass der europäische Flugzeugbauer Airbus Probleme mit seinem Superjet A380 einräumen musste und die Auslieferung mehrfach verschob. Die Schadenfreude des Erzkonkurrenten Boeing war jedoch nur von kurzer Dauer: Nur wenige Tage, bevor Singapore Airlines am Montag nun endlich den ersten Airbus-Riesenjumbo bekommt, kündigte der US-Konzern ganz ähnliche Schwierigkeiten mit seinem Dreamliner vom Typ 787 an. Im Klartext: Die ersten der neuen Langstreckenflugzeuge werden nicht im Mai, sondern frühestens im November oder Dezember 2008 ausgeliefert.
Die Kunden zeigten sich wenig begeistert. Vor allem die japanische Fluggesellschaft All Nippon Airways, die sich die ersten Modelle gesichert hatte, muss nun umplanen - sie hatte den Dreamliner für die Olympischen Spiele in Peking einsetzen wollen. Ein Sprecher schloss denn auch nicht aus, dass das Unternehmen Schadenersatz fordern werde. Ähnlich äußerte sich der Chef der australischen Fluglinie Qantas, Geoff Dixon.
Die Produktion des Dreamliners ist bereits bis 2015 ausverkauft. Die derzeit 710 Bestellungen kommen aus der ganzen Welt - ebenso wie die Flugzeugteile. Denn beim Bau seines neuen Langstreckenflugzeugs setzt Boeing auf das gleiche Puzzle-Prinzip wie Airbus bei seinem A380: Die meisten Einzelteile werden nicht von Boeing selbst und auch nicht in den USA gefertigt. Die großen Rumpfteile stammen aus Italien, die Flügel aus Japan, ihre Spitzen aus Südkorea. Zusammengesetzt wird alles in Everett im US-Bundesstaat Washington. Sobald die Produktion rund läuft, soll das nicht mehr als drei Tage pro Jet dauern.
Davon allerdings ist Boeing nun noch weit entfernt. Das italienische Zulieferunternehmen hielt den Zeitplan nicht ein, in Everett fehlten Kleinteile wie Schrauben und Nieten, wie beim A380 machte die Verkabelung Probleme und auch die Bordsoftware funktioniert nicht wie geplant.
Um das Chaos in den Griff zu bekommen, hat Boeing eine Techniker-Task Force gebildet, die umherreist und mithelfen soll, die Schwierigkeiten vor Ort zu lösen. Billig ist das nicht. Allein die Teams kosten rund 300 Millionen Euro zusätzlich. Was nun die Verspätung und mögliche Schadenersatzforderungen bedeuten, kann man nur mutmaßen. Bei Airbus ist das A380-Debakel mit mehreren Milliarden Euro zu Buche geschlagen - ganz abgesehen davon, dass es nicht nur EADS- und Airbus-Chef Noël Forgeard und andere Spitzenkräfte den Job kostete, sondern auch rund 10.000 Stellen im Unternehmen.
Kein Wunder, dass Boeing-Chef Jim McNerney "tief enttäuscht über die Änderungen des Zeitplans" ist, wie er am Mittwochabend erklärte - und alles daran setzen will, dass sich die Verzögerungen beim Start nicht bei den für später vereinbarten Lieferterminen fortsetzt. Dafür wird di Produktion allerdings hochgefahren werden müssen. Denn bis Ende 2009 müssten dann 109 Dreamliner ausgeliefert werden. Analysten halten das Ziel allerdings für "sehr sehr sportlich".
Trotzdem warten nicht nur die Fachöffentlichkeit und lästerfreudige Konkurrenten auf den ebenfalls mehrfach verschobenen Jungfernflug des Dreamliners, von dem es drei verschiedene Modelle für zwischen 210 und 330 Passagiere geben wird. Immerhin ist er das erste Flugzeug dieser Größenordnung, dessen Rumpf komplett aus Carbonfasern besteht statt aus Aluminium. Zusammen mit neuen Triebwerken und innovativem Design soll der Wartungsaufwand um 30 Prozent verringert werden. Zugleich geht Boeing davon aus, dass der Dreamliner 20 Prozent weniger Kerosin verbraucht und damit 20 Prozent weniger CO2 produziert als vergleichbare Modelle. Boeing verkauft ihn deshalb auch als das "umweltfreundlichste Flugzeug, das je gebaut wurde".
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